Datenschutz:
Psycho-Experiment könnte Folgen für Facebook haben
Nach der Aufregung um Facebooks Psycho-Experiment wird der Ruf nach Konsequenzen lauter: Datenschutz-Aktivisten in den USA wollen die mächtige Aufsichtsbehörde FTC einschalten, die bei Facebook schon einmal harte Auflagen durchgesetzt hatte
Amerikanische Datenschutz-Aktivisten gehen gegen Facebook wegen des umstrittenen Psycho-Experiments vor. Die Gruppe EPIC (Electronic Privacy Information Center) reichte eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde FTC ein. Sie kritisiert, Facebook habe mit dem Test Anfang 2012 gegen geschäftliche Regeln und eine Vereinbarung mit der FTC zum Schutz der Nutzerrechte verstoßen.
Bei dem einwöchigen Experiment im Januar 2012 sollte ermittelt werden, wie sich Emotionen in Netzwerken ausbreiten. Entsprechend wurden für Nutzer ohne deren Wissen die Einträge ihrer Facebook-Freunde vorgefiltert: Den einen wurden mehr positive Nachrichten angezeigt, den anderen mehr negative. Für die Studie untersuchte Facebook das Verhalten von rund 690.000 Nutzern. Als dieses Experiment jetzt bekannt wurde, gab es große Empörung unter den Facebook-Mitgliedern und der Versuch wurde als unethisch bezeichnet.
Auch EPIC weist in der Beschwerde darauf hin, dass Facebooks Erklärungen zur Datenverwendung zum Zeitpunkts des Experiments noch nicht auf einen möglichen Einsatz für Forschungszwecke hinwiesen. Außerdem habe Facebook gegen eine FTC-Regel verstoßen, die Handlungen verbietet, die Verbrauchern Schaden zufügen könnten. Facebook hatte bereits nach vorherigen FTC-Ermittlungen zum Umgang mit der Privatsphäre und Datenschutz Auflagen wie einer langjährige Aufsicht zugestimmt. Auch britische und irische Aufseher schauen sich das Experiment bereits genauer an.
Die Datenschutz-Aktivisten verlangen zudem, die FTC solle Facebook auffordern, die Algorithmen offenzulegen, nach denen der Nachrichtenstrom der Mitglieder gefiltert werde. Das Online-Netzwerk zeigt dort generell eine Auswahl der Einträge an, um die Nutzer nicht zu überfordern. Ziel sei, den Nutzern vor allem für sie relevante Einträge anzuzeigen, erläutert Facebook. Bei der Auswahl wird unter anderem berücksichtigt, wie oft ein Nutzer mit den Facebook-Freunden interagiere und wie populär die einzelnen Einträge seien. Die genauen Formeln sind aber nicht öffentlich bekannt.
Facebook hatte erklärt, der Test sei durch die Nutzungsbedingungen gedeckt gewesen, weil er der Verbesserung des Dienstes gedient habe. Gleichzeitig hatte Top-Managerin Sheryl Sandberg in einem Interview eingeräumt, dass die Studie "schlecht kommuniziert" worden sei.
Zugleich erzählte ein früheres Mitglied von Facebooks Datenanalyse-Abteilung dem "Wall Street Journal", es habe nur wenige Beschränkungen und Kontrolle gegeben. "Jeder in diesem Team konnte einen Test durchführen", sagte Andrew Ledvina, der in der Abteilung von Februar 2012 bis Juli 2013 gearbeitet habe. "Sie versuchen immer, das Verhalten der Leute zu ändern." So habe er selbst ein kleines Experiment zusammen mit einem Produktmanager durchgeführt, über das niemand sonst im Unternehmen informiert gewesen sei. Bei einem der Versuche seien Nutzer aus ihren Konten ausgesperrt worden, um die Sicherheitssysteme des Dienstes zu testen, schrieb das Blatt.
Das Journal "Proceedings" der amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaft ("PNAS"), das mit der Veröffentlichung der Studie den Wirbel ausgelöst hatte, distanzierte sich unterdessen von dem Test. Man sei besorgt gewesen, dass dabei möglicherweise Methoden eingesetzt worden seien, die nicht den Regeln wissenschaftlicher Forschung entsprochen hätten, schrieb Chefredakteur Inder M. Verma in einer Stellungnahme. So muss für die Teilnahme an Studien unter anderem eine klare Einwilligung vorliegen. Da das Experiment aber von Facebook durchgeführt wurde, sei es nicht unter die Vorschriften für wissenschaftliche Einrichtungen gefallen.