ProSiebenSat.1 baut radikal um
Bestätigt ist: Sat.1 zieht nach München. Und Matthias Alberti rückt in die German Free TV-Holding auf, neuer Sat.1-Chef wird Guido Bolten. Als sein Nachfolger ist Programmplanungs-Chef Jürgen Hörner vorgesehen.
Jetzt ist es offiziell: Der TV-Konzern ProSiebenSat.1 baut seine Strukturen und das Management umfangreich um und holt Sat.1 nach München. Es geht darum, die schwächelnde Familie wieder aufzurichten.
Der bisherige Sat.1-Geschäftsführer Matthias Alberti wird dabei zum 1. Januar Mitgeschäftsführer in der German Free TV-Holding. Dort sind unter Führung von TV-Vorstand Andreas Bartl die deutschen Fernsehaktivitäten gebündelt. Neuer Vorsitzender der Sat.1-Geschäftsführung wird der bisherige Kabel-eins-Chef Guido Bolten. Sein Nachfolger bei Kabel eins ist der bisherige Programmplanungs-Chef Jürgen Hörner. Sat.1-Co-Geschäftsführer Torsten Rossmann bleibt noch bis Juni 2009 im Amt.
Sein Sender N24 sowie die Sat.1-Zentralredaktion bleiben in Berlin. Die Sat.1-Zentralredaktion wird in eine eigene GmbH umgewandelt. Rossmann wird als Vorsitzender der Geschäftsführung von N24 künftig die Gesamtverantwortung für beide Units am Standort Berlin übernehmen. Mit 450 Mitarbeitern bleibe Berlin der wichtigste Produktionsstandort und das journalistische Kompetenzzentrum der Gruppe, heißt es in der Mitteilung von Donnerstagmittag.
Die Sender Sat.1, ProSieben und kabel eins werden bis Juni 2009 in einer neuen Struktur unter einem Dach in München zusammengeführt. Damit seien alle "General-Interest"-Sender an einem Standort und in einem Gebäude vereint. Der Umzugsplan für Sat.1 betrifft 350 Berliner Mitarbeiter. Jeder betroffene Berliner Mitarbeiter erhält der AG zufolge ein Jobangebot in München oder eine angemessene Abfindung.
Doch der Umbau geht noch weiter: Auch im Sales-Bereich kommt es zu Veränderungen. Es ist geplant, SevenOne Media und SevenOne Interactive in einer neuen Struktur und übergreifenden Teams zusammenzuführen. "Aufgrund der steigenden Nachfrage nach integrierten Kampagnenkonzepten werden beide Firmen von einer engeren Verzahnung profitieren und den Anforderungen des Marktes besser gerecht werden", heißt es. Details wurden noch nicht genannt. Fest steht: Die Berliner SevenOne Media-Abteilungen ziehen ebenfalls nach München.
Die an Sat.1 gebundenen Diversifikationsaktivitäten ziehen nach München. Die N24-online-Redaktion wird von SevenOne Intermedia zu N24 überführt und wird auch künftig beim Sender am Potsdamer Platz arbeiten. Die Aktivitäten von 9Live und der übrigen SevenOne Intermedia werden nach München verlagert. Alle Holdingfunktionen der ProSiebenSat.1 Group in Deutschland werden ihren Sitz zukünftig in München haben. Im Rahmen dieser Maßnahmen wird auch die Konzernkommunikation zusammengefasst. Die Kommunikationsbereiche Corporate, Financial, Sales, Diversifikation und PSP werden in die Holding eingegliedert.
"Mit diesem Zukunftsprogramm wird die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens in einem schwierigen Umfeld deutlich erhöht", heißt es. Kehrseite: Dadurch kommt es erneut zu einem Personalabbau. Dieses Mal ist die Rede von "225 Stellen über alle Funktionen". Das entspreche etwa drei Prozent aller 6.000 Mitarbeiter der Gruppe oder circa sieben Prozent der 3.000 Mitarbeiter in Deutschland.
Der Sat.1-Betriebsrat hat gegen die Umzugsentscheidung von Berlin nach München heftig protestiert. Damit werde "Raubbau an der Marke Sat.1" getrieben, der Sender werde in der Münchner Konzernzentrale sein eigenständiges Profil einbüßen, sagte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Uwe Theuerkauff am Donnerstag in Berlin.
Zudem winkt Ärger aus München - von ganz anderer Seite: RTL II hat sich nun doch entschlossen, die Vermarkter der RTL-Gruppe, IP Deutschland, und ProSiebenSat.1, SevenOne Media, auf Schadensersatz zu verklagen. Seit Jahresanfang wurde geprüft, nun steht laut "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstagsausgabe) fest: Mit gesetzeswidrigen Praktiken sollen die großen Konkurrenten zahlreiche Werbekunden für sich vereinnahmt haben und so die Erträge von RTL II um bis zu 100 Millionen Euro gemindert haben.
Die Vermarkter wurden bereits vor einem Jahr aus diesem Grund vom Kartellamt abgemahnt und zu einer Strafe von zusammen über 200 Millionen Euro verdonnert.