ProSiebenSat.1 arbeitet an weiteren Pay-TV-Plänen
TV-Vorstand Andreas Bartl bereitet weitere Abosender vor. Sie sollen eventuell noch in diesem Jahr starten und das starke Wachstum bei ProSiebenSat.1 weiter beflügeln.
Es soll so gut weiterlaufen wie im Jahr 2010, in dem ProSiebenSat.1 seinen Gewinn mehr als verdoppelt hat. Das ist der Tenor der TV-Gruppe, die am Donnerstag Zahlen für das vergangene Jahr vorlegt und zugleich in die Zukunft blickt. Künftig sollen Abo-Erlöse eine größere Rolle spielen - in allen Märkten. So plant die TV-AG für 2011 oder 2012 auch in Deutschland den Start weiterer Abosender. TV-Vorstand Andreas Bartl sondiert gerade das Feld - laut CEO Thomas Ebeling könnte ein Pay-TV-Ableger für ProSieben rund um Comedy herauskommen, aber auch ein romantischer Kanal an Sat.1 angelehnt sowie ein Angebot für ältere Zuschauer. Sendelizenzen für solche Abo-Vorhaben hat die TV-Familie seit Jahren in der Schublade. Auch Senderpläne im Free-TV hegt Ebeling - da aber noch weniger konkret. Fest steht nur, dass Katja Hofem-Best hier neue Chancen auslotet.
Im Mittelpunkt der Wachstumspläne im Free-TV - dem weiterhin wichtigsten Segment der AG - steht Sat.1, dessen Performance nach den ersten beiden Monaten des Jahres noch schwer hinter den Zielen hinterherhinkt. Im Schnitt 10,2 Prozent Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe sind zuletzt im Februar zusammengekommen. Ändern soll sich das laut Senderchef Andreas Bartl mit neuen Eventmovies wie "Marco W.", die an die Erfolge der "Wanderhure" und "Säulen der Erde" anknüpfen sollen. Weitere Hoffnungsträger sind neue Folgen der Montags-Schlager "Der letzte Bulle" und "Danni Lowinski", neue Familien-Spielshows wie John de Mols Hit "Ich liebe mein Land" oder auch weitere US-Serien wie "Hawaii Five-0".
Bei ProSieben schwört der Konzern auf Bewährtes - und auf Aushängeschild Stefan Raab. Mit dem Entertainer, der ProSieben zusammen mit der ARD zum ESC führt, hat der Sender gerade einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag unterzeichnet. Bei Kabel eins liegen bis zu 20 Filme im Portfolio, die das Potenzial für bis zu 12,5 Prozent Marktanteil haben. Dass eine Serie wie "Good Wife" von der Schwester ProSieben rüberwandert auf den Freitagssendeplatz, stimmt die Crew um den neuen Chef Karl König zuversichtlich. Das jüngste Mitglied Sixx bekommt im zweiten Senderjahr regen Formatzuwachs, darunter "Ellen" oder der monatliche "Sixx Star Movie".
Senderübergreifende Hoffnungsträger sind die von RTL abgeworbenen Programmkenner Klaus Henning und Sascha Naujoks. Henning hat bereits im März bei der Holding ProSiebenSat.1 Deutschland TV angeheuert, Naujoks wird im Juni folgen. Weitere Personalien stehen offenbar nicht an. Der Vorstand Diversifikation bleibt wohl weiter vakant: "Den Posten zu besetzen, ist im Moment nicht angedacht", so Ebeling.
Ebeling gibt sich zuversichtlich, dass für die Senderfamilie aus dem deutschen Werbemarkt weiteres Wachstum herauszuholen ist. Genaue Prognosen will er noch nicht abgeben, versichert aber, ein "Umsatzwachstum in allen Bereichen hinzulegen". Belastend für die Performance von ProSiebenSat.1 im Werbemarkt sei derzeit, dass das Vorjahresquartal und das letzte Vierteljahr 2010 so gut gelaufen seien - und in diesem Jahr die heiß beworbene Osterzeit ins zweite Quartal fällt. Das erste Quartal sei "solide, aber nicht spektakulär" gestartet. Am Ende sei aber vor allem das vierte Quartal entscheidend. Ebeling will zusätzlich auch weiter die Kosten im Auge behalten.
Immer mehr Wert legt der Konzern auch auf neue Geschäftsfelder. Kein Wunder: Vermarkter SevenOne Media hat sich inzwischen auf Platz eins bei der Web-Video-Vermarktung hochgearbeitet (In-Stream). 37,17 Millionen Euro sind dort 2010 erlöst worden, auf Platz zwei folgt RTL-Mitbewerber IP Deutschland mit 26,83 Millionen Euro. Gut läuft das Geschäft im Musikbereich, wo die Tochter Starwatch mit Roxette oder Guano Apes neue Künstler unter Vertrag genommen hat. Auch Verkäufe hauseigener TV-Produktionen auf der ganzen Welt nehmen zu; die Vertriebstochter SevenOne International ist ab sofort mit einerDependance in den USA vertreten. Caroline Kusser leitet dasNordamerika-Geschäft sowie die neu gegründete Firma SevenOne International Inc.. Der früher boomende Bereich Mitmach-TV dagegen stagniert; 9Live sei nach den Veränderungen durch die Gewinnspielsatzung ein Modell, mit dem man leben könne, aber es sei "kein attraktives Leben", so Ebeling.
Gut läuft das Abo-Fernsehen in Skandinavien - just ein Bereich, der zur Disposition steht.In nächster Zeit steht an, ob und wie die Sender der SBS-Gruppe in Skandinavien und Benelux veräußert werden. Für CEO Ebeling gibt es drei Möglichkeiten: Nordic und Benelux zu verkaufen, nur eine Region zu verkaufen oder beides zu behalten. Dabei sei man "komplett ergebnisoffen“. "Der Prozess läuft, wir kommentieren ihn nicht", sagt er. Die skandinavischen Länder und Benelux laufen gut, aber mit der Entwicklung in Osteuropa sei man nicht zufrieden.
ProSiebenSat.1 hat 2010 angesichts kräftig gewachsener Werbeeinnahmen und dank eines starken Schlussquartals im vergangenen Jahr seinen Gewinn mehr als verdoppelt. Der TV-Konzern verdient 2010 unterm Strich 312,7 Millionen Euro, nach 146,6 Millionen 2009. Der Umsatz der von den Finanzinvestoren KKR und Permira kontrollierten Sendergruppe ist um 8,7 Prozent auf rund drei Milliarden Euro gewachsen. Ob die Investoren - wie erwartet - in nächster Zeit aussteigen werden: Ebeling kommentiert das nicht.
ps/se