
Praktiker: "20 Prozent auf alles" ist Geschichte
Die Baumarktkette Praktiker positioniert sich neu und startet eine Großoffensive für mehr Kundenzufriedenheit. Das Unternehmen verabschiedet sich von den Rabattschlachten, peppt seine Märkte auf und launcht eine Eigenmarke.
Die Baumarktkette Praktiker verzichtet in Zukunft auf Rabattschlachten. "'20 Prozent auf alles' für alle war gestern. Künftig setzen wir andere Schwerpunkte," erklärt Andreas Mauz, Sprecher der Geschäftsleitung von Praktiker Deutschland. Bei der Pressekonferenz am Mittwoch in Saarbrücken stellte die Baumarkt-Kette ihre neue Strategie vor, mit der sie Marktanteile zurückerobern und das Unternehmen für die Zukunft rüsten will.
Denn die Umsätze bröckeln. Praktiker habe in den vergangenen Jahren kontinuierlich Marktanteile verloren, sagte Marketing-Vorstand Pascal Warnking. Netto setzten die weltweit 438 Praktikermärkte 3,45 Milliarden Euro in 2010 um - 5,9 Prozent weniger als im Vorjahr. "Praktiker 2013" heißt das Transformationsprogramm, das sich die Baumarkt-Kette schon 2009 verordnet hat, um wieder zu "alter Ertragsstärke" zurückzukehren. 2010 wurde die Unternehmensorganisation deutlich verschlankt und umstrukturiert. In der zweiten Phase werden jetzt konkrete Maßnahmen zur Neupositionierung angegangen. Praktiker will nicht mehr länger nur über den Preis definiert werden, sondern Kunden durch Leistung, Vertrauenswürdigkeit und Einfachheit überzeugen. Der Kunde soll dabei in den Mittelpunkt rücken.
Die Kette startet deshalb eine Großoffensive, um die Kundenzufriedenheit zu steigern. Im Kundenmonitor ist Praktiker zwar im Bereich Preis die Nummer Eins, was auch so bleiben soll. Aber bei der "globalen Zufriedenheit" ist der Baumarkt Schlusslicht. "Das wollen wir ändern", sagt Marketing-Vorstand Warnking. Auch im Bereich Preis-Leistung will Praktiker ganz nach vorne.
Ein erklärtes Ziel ist deshalb: Mehr Klarheit und Orientierung in den Märkten. Die Kunden sollen sich besser zurechtfinden, schneller die Waren finden und schon im Markt einfacher die Preise zuordnen können. Dort gibt es künftig drei Stufen: A-Marken, die neu eingeführte Eigenmarke Praktiker im mittleren Preissegment sowie Budget-Marken. Vor allem auf die Eigenmarke setzt das Unternehmen große Hoffnung, die "Markenqualität zu Praktiker-Preisen" bieten soll. Um den Kunden die Orientierung zu erleichtern, gibt es an den Einkaufswagen eine elektronische Hilfestellung. Außerdem steht in jeder Filiale am Eingang ein Kundenlotse, der hilft, sich im Markt zurecht zu finden. "Einfaches Einkaufen" ist das Motto, mit dem sich Praktiker künftig im Baumarktsegment differenzieren will.
Dieses Prinzip ist auch Leitfaden für den neuen Online-Shop www.praktiker.de, der am 17. Februar nach mehrmonatiger Testphase eröffnet, mit rund 7.500 Artikeln zum Start. Stolz weist das Unternehmen darauf hin, dass sein E-Commerce-Angebot als derzeit einziger Online-Shop der Do-it-youself-Branche das Siegel für Einkaufsqualität des TÜV Süd führt. Die neuen Services soll der Slogan "Praktiker bringt's" auf den Punkt bringen. Dazu gehört auch die Kooperation mit dem Handwerkerdienst Myhammer.de, dessen Dienste auch in den Märkten gebucht werden können. Im Bereich E-Commerce haben die Wettbewerber allerdings schon einen Vorsprung. Seit Ende 2010 sind Obi und Hornbach mit eigenen Plattformen online, Hagebau betreibt seit Jahren zusammen mit Otto den Online-Shop "Baumarkt Direkt".
"Einfach praktischer" heißt der neue Markenkern, mit dem Praktiker diese neue Hinwendung zum Kunden kommunizieren will. Dafür startet ab April eine umfassende Marketing-Kampagne auf allen Kanälen mit dem neuen Testimonial Boris Becker. Die Kampagne umfasst TV, Plakat, Beilage und Online. Radio wird unterstützend für den Abverkauf eingesetzt und ist kein Schwerpunkt mehr im Mediamix, äußert sich das Unternehmen gegenüber W&V Online. Der Slogan "Hier spricht der Preis" bleibt bestehen. Die Kampagne, die von der Hamburger Agentur Freunde des Hauses verantwortet wird, ist langfristig angelegt und soll mindestens bis 2013 laufen. Praktiker investiert in die Werbemaßnahmen einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Der erste TV-Spot startet Anfang April und soll die Kunden über die Neuerungen bei Praktiker informieren. Der zweite Spot läuft im Sommer an und widmet sich passend zur Saison dem Thema Pflanzen und Garten. Angesprochen werden soll eine breite Zielgruppe, die "gut, günstig und einfach" einkaufen will.
Die Holding hat noch viel vor: "Praktiker 2013' wird weiter Fahrt aufnehmen, seine volle Schubkraft aber erst in den Jahren 2012 und 2013 entfalten", erklärte Vorstandsvorsitzender Wolfgang Werner. 2011 befinde sich Praktiker noch in der Umsetzungsphase. "Wir haben im Jahr 2010, in der Startphase der Programmarbeit schon gut 20 Millionen Euro in die Hand genommen, in erster Linie, um Strukturen und Prozesse zu verbessern. 2011 werden wir voraussichtlich einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag für die strategische Erneuerung unseres Geschäftsmodells ausgeben", so Werner. (fs/mh