Grossotagung :
Philosoph Precht senkt den Daumen über Facebook
Vor Grossisten prognostiert Richard David Precht: "Facebook wird zusammenfallen wie ein zur Unzeit aus dem Feuer genommener Auflauf."
Richard David Precht, von Medien geliebter Philosoph und Autor, hat die Grossotagung in Baden-Baden mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für Printmedien gerockt. Mit einem fulminanten Plädoyer pro Print und einer Philippika gegen die "Pöbelkultur" im Internet balsamiert der populäre Denker die vom digitalen Strukturwandel geschundenen Seelen anwesender Grossisten und Verleger. Die Aufgabe von Massenmedien sei es nicht in erster Linie zu informieren und zu unterhalten, sondern "Öffentlichkeit über relevante Themen herzustellen" und so als "sozialer Kitt" zu wirken. Dies könnten Printmedien besser leisten als das Internet. Das Netz stelle zwar ein unglaubliches Verfügungswissen auf Knopfruck zur Verfügung. Doch wer helfe einem, zu unterscheiden was relevant sei und was nicht?
Richard David Prechts These: Trotz vieler intelligenter Blogs, die es im Internet gebe, brauche es Print zum Eintrainieren von Orientierungswissen. Precht: "Die Aufgabe der Zeitungen ist es, ideologisch nicht vorformatiertes Orientierungswissen bereitzustellen. Diese Aufgabe dürfen sie nicht verspielen." Weil einem dabei auch Wissen serviert werde, nach dem man - anders als im Internet - gar nicht gezielt gesucht habe, erweiterten vor allem systemrelevante Zeitungen den Horizont der Leser.
Die Funktion des Internet als Produzent von mehr Demokratie und Meinungsvielfalt stellt Precht ebenfalls infrage. Die Meinungsvielfalt habe sich durch das Internet nicht erhöht, sondern die Meinungen seien lediglich transparenter geworden. Man bekomme vor allem mehr von der Meinung anonymer Leute, die meist "fallbeilartig ihre Meinung äußerten ", sagt der Philosoph. Das Netz fördere eine "Pöbelkultur". Precht: "Sprachkompetenz schließt auch die Entscheidung zu schweigen ein." Die Like- oder Dislike-Kultur führe dazu, etwas permanent zu bewerten, oft mit Empörung. Bei Print ginge das nicht; es ermögliche deswegen, zunächst über das Gelesene zu reflektieren, so Precht, der seit wenigen Wochen einen Philosophie-Talk im guten alten ZDF moderiert.
Die Bindekraft sozialer Netzwerke stellt der Philosoph dagegen infrage. Soziale Netzwerke seien ein Modephänomen, eine Episode. Prechts steile These: "Facebook wird zusammenfallen wie ein zur Unzeit aus dem Feuer genommener Auflauf."