Kolumne:
Newsletter: Trend mit Dauerbrenner-Qualität
Nico Lumma und Christoph Hüning vom Next Media Accelerator beschäftigen sich mit Themen, über die man im Laufe der Woche sprechen sollte. Diesmal: Ein altbekanntes Medium als wichtiger Trend
Wenn wir nach den wichtigsten Trends in der Medienbranche gefragt werden, kommt von uns immer ein Begriff, der erst einmal alle irritiert: Newsletter. Newsletter sind gerade die heißeste Sache, trotz TikTok, Telegram, Paywalls, Live-Video oder Alexa-Skills.
Natürlich sind Newsletter nichts Neues, aber sie erleben seit Jahren eine Renaissance und werden aktiv weiterentwickelt. Hierzulande kennt man vor allem die Mails aus den Chefredaktionen, die vor Tagesbeginn verschickt werden und das Nachrichten-Rüstzeug für den Tag mitgeben sollen. Dabei orientieren sich die meisten Redaktionen an den Vorbildern The Morning von der New York Times, dem Checkpoint von Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt oder dem Morning Briefing von Gabor Steingart. Die Idee ist so einfach wie naheliegend: Die Redaktion holt die LeserInnen morgens ab, quasi wie früher bei der Zeitungszustellung, nur eben zeitgemäßer und ohne Distributionskosten per Email und sorgt so dafür, dass Inhalte im digitalen Angebot weitergelesen werden.
In den USA hingegen werden Newsletter mittlerweile auch so genutzt wie vor knapp 20 Jahren die Blogs: Sie bieten JournalistInnen die Möglichkeit, sich inhaltlich auszutoben und eine eigene Reichweite aufzubauen. Es gibt also gar keine Links auf das digitale Angebot, der Newsletter ist bereits das digitale Angebot. Damit entstehen neue Reichweiten, oftmals für sehr spitze Zielgruppen, die sich durch Abos oder Sponsoring finanzieren lassen. Morning Brew, Next Draft oder The Hustle gehören sicherlich zu den bekanntesten Newslettern neuerer Prägung in den USA, in Deutschland hat beispielsweise Pit Gottschalk mit viel Erfolg einen Newsletter zum Thema Fußball gestartet: Fever Pit'ch.
Diese Entwicklung ist vor allem deswegen spannend, weil nicht nur viele neue Content Startups entstehen, die das Newsletter Format nutzen wollen, um ihren Platz im Medien-Ökosystem zu finden und auszubauen, sondern auch, weil es immer mehr junge Firmen gibt, die quasi als Zulieferfirmen agieren und für Newsletter-Betreiber wichtige Tools entwickeln. Hier ist die Branche noch sehr am Anfang und es wirkt sehr wie Bloggen vor knapp 20 Jahren, denn zunächst werden die Grundlagen abgedeckt, die in anderen Bereichen schon längst entwickelt sind, von Analytics über Werbebuchung bis hin zu Referal System zum Nutzeraufbau oder Verzeichnissen zur besseren Auffindbarkeit von Newslettern. Hier gibt es noch viel Potential und immer mehr Startups, die sich in dieser wachsenden Nische austoben.
Der Charme von Newslettern ist ja, dass sie auf etwas basieren, was es seit 1971 gibt und was jeder kennt: Email. Nur sieht natürlich eine Email von heute etwas anders aus als eine rein text-basierte Email ohne jegliches HTML von damals. Der nächste Schritt wird AMP für Emails sein, die dann Emails wirklich interaktiv werden lassen, was eine völlig neue Nutzer-Experience mit sich bringen wird. Denn der Vorteil von Newslettern ist ja weiterhin, dass sie direkt in der Inbox der NutzerInnen landen und daher hohe Aufmerksamkeit genießen. Unser Portfolio-Unternehmen Followistic macht sich dies zunutze und sorgt über Themen-spezifische automatische Newsletter für ein höheres Engagement bei Nachrichtenseiten.
Newsletter sind im Trend, auch wenn das seltsam klingen mag. Für Entrepreneurial Journalism ist dies eine großartige Chance, denn es macht den Aufbau einer eigenen Reichweite so einfach wie nie zuvor, aber auch etablierte Medienhäuser können durch den Einsatz von Newslettern profitieren.