
Edeka-Spot von Jung von Matt:
Nazi-Codes: Was Werber wissen sollten
Die angeblichen Nazi-Symbole im Edeka-Spot von Jung von Matt polarisieren die Branche. Auch wenn der aktuelle Fall konstruiert scheint: Es gibt einige rechtsextreme Begriffe, Abkürzungen und Zahlen, die Werber im Hinterkopf haben sollten.

Foto: Edeka
Ist Jung von Matt eine Nazi-Agentur und Edeka eine Plattform für rechtsextreme Symbole? Diesen Eindruck erweckte u.a. ein Interview des "Manager Magazins" mit der Hamburger Spitzenbeamtin und Extremismusforscherin Sabine Bamberger-Stemmann. Die Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung sieht im aktuellen Weihnachtsspot von Edeka Nazi-Botschaften auf 2 Autokennzeichen: MU-SS 420" und "SO-LL 3849". "Muss und "Soll" gehört zwar zur Botschaft des Spots, und auf die Zahlensymbolik muss man erst einmal kommen (zumal "420" auch für den Cannabis Day stehen könnte), aber es gibt einige rechtsextreme Begriffe, Abkürzungen und Zahlen, die Werber im Hinterkopf haben sollten.
18
Steht für den ersten und den achten Buchstaben des Alphabets. Normalerweise würde man an die Initialen von Anne Hathaway oder Alfred Hitchcock denken, aber zahlenverliebte Neonazis nutzen die 18 tatsächlich als Synonym für Hitler.
88
Funktioniert nach demselben Muster wie 18 und steht für "Heil Hitler". Oder für "SS", wenn man das Alphabet rückwärts liest. (In der Sprache der Amateurfunker bedeutet die Zahl viel sympathischer: "Liebe & Küsse")
SS
"Schutz-Staffel". Im Nazi-Reich ein Staat im Staat. Umfasste Polizei, Geheimdienst, Konzentrationslager und Spezialeinheiten der Streitkräfte, die in zahlreiche Kriegsverbrechen verwickelt waren. Ein monströser Terror-Apparat. Durch zahlreiche Hollywood-Filme und britische TV-Serien zwar Teil der Popkultur, aber trotzdem kein Thema für Werbung.
SA
Eine bewaffnete und besonders hässlich uniformierte Massenorganisation der NSDAP. Fun fact: Ihr langjähriger Anführer war ungeachtet der homophoben Parteilinie schwul.
HJ
Hitler-Jugend. Die Jugendorganisation im Nazi-Reich.
14 words
Steht für ein Zitat des amerikanischen Rechtsextremisten David Eden Lane und wird mittlerweile auch von europäischen Rassisten verwendet: "We must secure the existence of our people and a future for white children".
B & H
Blood and Honour. Blut und Ehre war ein beliebtes Nazi-Buzzword und gilt in der deutschen Form als "Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen". Die Verwendung steht nach § 86a StGB unter Strafe.
20. April
Hitlers Geburtstag. Aber auch der von Miranda Kerr, Ingo Appelt oder Marietta Slomka.
"Jedem das Seine"
Der Spruch stand am Tor des Konzentrationslagers Buchenwald und sorgt darum immer wieder für Aufregung, wenn er in gleicher oder ähnlicher Form in Kampagnen auftaucht. Zum Beispiel 2009 im Fall Tchibo. "Jedem das Seine" ist allerdings keine Nazi-Schöpfung, sondern die Übersetzung des lateinischen "suum cuique", das wiederum bis auf Plato zurückgeht. "Suum cuique" erschien ursprünglich im Kontext von Recht und Gerechtigkeit, war das Motto des höchsten preußischen Ordens und dient bei der Bundeswehr noch heute als offizieller Claim der Feldjäger. Die nationalsozialistische Kontaminierung des Begriffs ist seit den 90er Jahren ein Thema.
"Arbeit macht frei"
Ein anderer Fall als "Jedem das Seine". Auch dieser Spruch ist zwar nicht von den Nazis erfunden worden. Er war aber in zu vielen Konzentrationslagern zu sehen (darunter auch im Vernichtungslager Auschwitz) und gilt als Symbol rassistischer Menschenverachtung. Für Kampagnen absolut indiskutabel.
Hier ist noch einmal der Spot von Jung von Matt:
Linktipp: Das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen hat 2008 eine Broschüre über Mode und Markenzeichen im rechtsextremen Milieu herausgegeben, die hier abrufbar ist.