OLG München lost Plätze aus:
Mit "Brigitte" und Radio Lora zum NSU-Prozess
Bei der Verlosung der Presseplätze im Münchner NSU-Prozess gehen viele große deutsche Medien leer aus: "FAZ", "SZ", "Stern" oder auch "Die Zeit".
Die 50 reservierten Plätze für den NSU-Prozess beim Oberlandesgericht München sind neu vergeben - ausländische Medien sind in ausreichendem Maße berücksichtigt. Nur: Die Verteilung der Plätze auf die deutsche Presse sorgt für Entsetzen, Gelächter oder Kopfschütteln. Ausgelost worden sind unter Aufsicht des Notars Dieter Mayer unter den Print-Medien "Bild", "Allgäuer Zeitung", "Oberhessische Presse Marburg", "Passauer Neue Presse", "Pforzheimer Zeitung", "Sächsische Zeitung" oder die "Lübecker Nachrichten". An Sendern kommen ARD, ZDF, WDR, BR, SWR, aber auch RTL II, Kabel eins und Ebru TV zum Zuge. Von den Wochenmagazinen sind dabei: "Focus", "Sonntag aktuell", "Süddeutsche Magazin" und der "Spiegel". Bei der Verlosung der Pressekontingente sind ergo viele große deutsche Medien leer ausgegangen: "FAZ", die "Süddeutsche Zeitung", der "Stern" und die "Zeit" bekommen nun keinen der reservierten Plätze.
Bei den in- und ausländischen Nachrichtenagenturen erhält die türkische Agentur IHA den Zuschlag, die dpa und dpa English Services. Mit dabei: das Al-Dschasira-Büro Istanbul, Radio Lora München, (immerhin die polnischsprachige Redaktion), Radio Lotte Weimar, "Svenska Dagbladet", France 2 Berlin, der niederländische Rundfunk NOS, "Neue Zürcher Zeitung", "Hürriyet" – und die Frauenzeitschrift "Brigitte". Die gesamte Liste des OLG hat der BR online veröffentlicht.
Satirische Einordnungen des Losverfahrens lassen nicht lange auf sich warten: Die FDP-Gruppe Liberté auf Facebook, die vor allem parteiinterne Vorgänge persifliert, hat auf die Schnelle ein "Brigitte"-Cover entworfen - wie es denn aussehen könnte, wenn das Gruner+Jahr-Team vom Münchner NSU-Prozess um Beate Zschäpe berichtet. Auch das Münchner Klatschmagazin "Clap" hat sich Gedanken gemacht ...
Gegen die ursprüngliche Platzvergabe, bei der ausländische Medien sich nicht schnell genug registrieren konnten und leer ausgegangen waren, hatte die türkische Zeitung "Sabah" beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingelegt. Das Gericht gab ihr statt; auch ihre Vertreter dürfen nach der heutigen Auslosung am Prozess teilnehmen. Daraufhin hatte das OLG entschieden, die Akkreditierung komplett neu zu starten, den Prozessbeginn auf den 6. Mai zu vertagen und die Plätze via Losverfahren zu vergeben. Dabei wurden Kontingente für Medien mit "Opferbezug" gebildet: Unter anderem wurden für türkische Medien vier Plätze reserviert, für griechische und auf Persisch publizierende Medien je einer. Laut OLG gab es im Vergleich zur ersten Verteilungsrunde, bei der sich insgesamt 129 Medien akkreditiert hatten, dieses Mal ein Mehrfaches an Bewerbern. 324 Medien und Journalisten wollten dabei sein.
Nun überlegen erste Bewerber, die in der zweiten Runde keinen Platz bekommen haben, gegen die Entscheidung zu klagen. So die "taz"; sie will eine Videoübertragung für Journalisten erwirken. Auch Springers "Welt" und der Berliner "Tagesspiegel" wägen eine Klage ab; die "FAZ" und "Die Zeit" prüfen bereits. Damit könnte sich der NSU-Prozess erneut verzögern, was Opferanwältin Angelika Lex auf jeden Fall verhindern will. Allerdings steht ein Türchen offen: Dieses Mal können feste Presseplätze anderen akkreditierten Journalisten überlassen werden, so dass ein nachträglicher Tausch möglich ist. Die Häuser G+J, Springer sowie Süddeutscher Verlag sind zumindest vertreten. Die Online-Redaktion der Frauenzeitschrift "Brigitte" twittert bereits, sie werde den Presseplatz bei Gericht mit dem Magazin "Stern" teilen.