Mission, possible: HFF-Studenten locken ins Kino
Der deutsche Film ist tot. Wie oft haben wir das schon gehört. Die mögliche Rettung ist der Nachwuchs, zum Beispiel Studenten der HFF. Die Hochschul-Eigenwerbung der Münchner holte schon Gold.
Der deutsche Film ist tot. Wie oft haben wir das schon gehört. Dann funkt plötzlich eine Oscar-Nominierung dazwischen oder ein Kassenschlager, und die Kritiker sind wieder ein paar Monate still, bevor es erneut losgeht: Der deutsche Film ist tot.
Die mögliche Rettung für den deutschen Film von morgen schlummert an den Hochschulen. Zum Beispiel an der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in München. Einige Studenten dort haben im Fachbereich Werbung drei Spots für die Filmhochschule produziert. Zum Thema toter deutscher Film: "Kino? Braucht kein Mensch, deutsche Filme schon gar nicht." So klingt das. Aber die HFF und ihre Studenten haben eine Mission.
Die drei Filme sind derart charmant, technisch überzeugend und so nah am Menschen - alle Personen, die im Film auftreten, sind echt - dass sie sich schon die ersten Auszeichnungen verdient haben. Die ganze Kampagne wurde von der Fachjury des Spotlight Werbefilmfestivals in der Studenten-Kategorie mit Gold gewürdigt, der Spot "Junge" eroberte die Zuschauer und erhielt Gold von der Publikumsjury. Grund genug, das Projekt einmal vorzustellen: W&V Online hat hinter die Kulissen geblickt.
Gerade dieser Film war so zuerst gar nicht geplant: Einer der Schauplätze der Dreharbeiten zur Kampage ist ein Bergbauernhof. Von Weitem guckte der kleine Junge neugierig zu, aber darauf, wie schnell so ein Filmteam sein kann, war er wohl nicht gefasst: Mirjam Orthen und ihr Kameramann reagierten sofort, was am Anfang des Films gut zu erkennen ist, als sich der Junge zur Kamera umdreht.
Am Berg war es auch, wo das Konzept entstand. Der Professor des HFF-Bereichs "Werbung" Christian Köster rief zum Ideenfindungsseminar in der Alten Wurzhütte am Spitzingsse. Thema: Spotideen für verschiedene Kunden, darunter die HFF, entwickeln. Mirjam Orthen hat dabei buchstäblich dem Volk "aufs Maul" geschaut. Sie unterhielt sich dem Hausmeister der Almhütte - der offenbar mit dem Thema Studium an einer Filmhochschule so gar nichts anfangen konnte. "Kino? Das ist ja rausgeschmissenes Geld!", rief er aus, berichtet Orthen. Die Idee für ihre Filme war geboren und der erste Darsteller bereits gefunden. Er tritt in den beiden weiteren Filmen auf, in denen Junge und Alte, Männer und Frauen aller möglichen Bevölkerungsgruppen zu Wort kommen.
Die Darsteller der Filme, allesamt keine Schauspieler, ergaben sich aus zwei Auswahlkriterien: Die Regisseurin Orthen hat ihr Konzept nach Bildern, sprich Drehorten, aufgebaut - und dort dann darauf geachtet, dass die Personen, die zu Wort kommen, insgesamt einen soziodemopgrafischen Querschnitt abbilden. So sehen wir also Mitarbeiter der Großmarkthalle ebenso wie eine alte Dame im Ohrensessel oder einen Dirndlverkäufer in seinem Geschäft. Er bekam übrigens den Spitznamen "König Ludwig".
Mirjam Orthen erzählt: "Er fand es so toll, dass bei ihm gedreht wurde, dass er mit dem Team erst mal eine Flasche Champagner geöffnet hat. Zudem taufte er, der seinerseits eher klein war, den über zwei Meter großen Kameramann während der Drehzeit 'Zwergerl' und dirigierte ihn so durch seinen Laden." Für Orthen war es das erste Mal, dass sie einen Werbefilm gedreht hat. Aber das letzte Mal wird es wohl nicht gewesen sein. "Es reizt mich, kurze Geschichten zu erzählen und damit viele Leute zu erreichen", sagt Mirjam Orthen. Gute Werbung brauche gute Ideen, damit sie hängen bleiben. Ihr Debüt bleibt hängen - und ihr Name vielleicht in der Branche ebenfalls, bis die junge Regisseurin dann im kommenden Jahr ins Berufsleben einsteigt.
Bis dahin setzt die HFF die drei Spots in der Eigenwerbung ein: zunächst intern bei sämtlichen Filmaufführungen, mittelfristig auf Festivals vor Beiträgen der HFF und bei Filmpremieren von HFF-Studenten und -Absolventen. Und hoffentlich bald auch in Münchner Kinos. Das Studenten-Team musste wie jedes Kreativteam in den Pitch. Zusammen mit zwei anderen Gruppen stellten die Regisseurin Mirjam Orthen und ihre Mannschaft die Spots der Hochschulleitung vor - und bekam den Zuschlag mit der Kampagne "Mission". Bei diesem hehren Auftrag kann man den jungen Kreativen nur weiter so viel Erfolg wünschen.
Zum Team der HFF gehören Mirjam Orthen (Regie), Bernd Effenberger (Kamera), Peter Baranowski (Schnitt). Die Produktion übernahmen drei HFF-Studenten mit ihrer jungen Firma Neuesuper (Rafael Parente, Korbinian Dufter, Simon Amberger).