Die besten Auftritte im Netz:
Mirko Kaminski über seine persönliche Social-Media-Strategie
Wohl kaum ein Manager in der Kommunikationsbranche profitiert von seinem eigenen Onlineauftritt so extrem wie Agenturchef Mirko Kaminski. Wie kann das gehen?
Immer mehr Führungskräfte in Deutschland nutzen offen die sozialen Medien und machen mit ihren Profilen Werbung in eigener Sache. In der Wirtschaft gibt es zahlreiche gute Beispiele, darunter die Vorstandsvorsitzenden von Daimler, SAP und der Deutschen Telekom. Hört man sich in der Kommunikationsbranche um, werden dagegen häufig die Profile von Akteuren wie Thomas Strerath (Ex-Vorstand von Jung von Matt), Michael Trautmann (Mitgründer der Agentur Thjnk), Mirko Kaminski (Agenturgründer Achtung), Tina Müller (CEO Douglas und Ex-Marketingchefin von Opel) und Antje Neubauer (Marketing- und PR-Chefin der Deutschen Bahn) lobend erwähnt.
W&V hat mit einigen von ihnen darüber gesprochen, warum sich ein strategisches Auftreten lohnt und was der Auftritt für die Karriere bringt. Spannendes dazu hat Mirko Kaminski zu sagen, der die sozialen Medien wohl wie kaum ein anderer in der Kommunikationsbranche für sich zu nutzen weiß. Anfangs fanden ihn viele in der Branche "nervig". Mittlerweile hat er sich großen Respekt verschafft.
W&V: Was hat Ihnen Ihre sehr aktive Social-Media-Präsenz bis heute gebracht, Herr Kaminski?
Kaminski: Ohne meine Social-Media-Präsenz – und da übertreibe ich nicht – würde Achtung heute nicht da stehen, wo Achtung heute steht. Nur ein Beispiel: Mit meiner Social-Media-Präsenz bin ich vor acht Jahren aufgefallen, so dass ich in die Cannes Lions Jury berufen wurde. Meine Beobachtungen und Erlebnisse dort waren wiederum so entscheidend, dass ich anschließend begonnen habe, Achtung komplett umzubauen.
Welche Plattformen helfen Ihnen am besten für was?
Die Kanäle sind gar nicht sooo entscheidend. Wichtiger ist, als die Person zu "senden", die Du wirklich bist. Das ist bei mir der Fall. Außerdem braucht es einen Antrieb, fast schon eine kleine Mission. Mein Antrieb ist, Beobachtungen, Gelerntes, Neues offen mit anderen zu teilen, so dass es anregt und weiterhilft. Das können inspirierende Neuigkeiten von der SXSW oder der CES sein oder Beobachtungen aus China, aus Cannes oder von den Online Marketing Rockstars.
Zwischendrin darf es auch mal unterhaltsam sein. Ich habe für mich Themen-Territorien festgelegt, in denen ich mich bewege. Dazu gehören Festivals, Tätigkeiten in Jurys, das Miteinander mit Mitarbeitern, Begegnungen mit anderen aus unserer Branche. Und natürlich gehört der "Fehmarnsteg" dazu – sozusagen als Unterscheidungsmerkmal und visueller Anker. Nicht selten, kommt auf Veranstaltungen jemand auf mich zu und sagt: "Ach, Sie sind doch der mit dem Fehmarnsteg!"
Wie reagiert Ihr Umfeld? Also was sagen zum Beispiel Kollegen, Kunden und Ihre Familie dazu?
Zuerst gab's da Skepsis. Vor allem in unserer Branche. Aber nach und haben wohl alle verstanden, dass ich es ehrlich meine, dass ich niemanden in die Pfanne haue, sondern eher gern anderen die Bühne biete, und dass es mir tierischen Spaß macht. Eigentlich wäre ich nämlich gerne Journalist geworden – seinerzeit am liebsten Nahost-Korrespondent für den Spiegel. Es ist dann aber anders gekommen.
Meine heutige "Reporter-Tätigkeit" auf Facebook, LinkedIn, Xing, Twitter, Insta ist quasi das im Kleinen, wovon ich mal geträumt habe. Ich war während meines Studiums sagenhaft gerne Reporter, Redakteur, Moderator und am Ende Morningshow-Producer bei Radio Schleswig-Holstein. So habe ich nicht nur mein Studium finanziert. Es hat mir irre viel Spaß gemacht. Vielleicht habe ich ja sowas wie ein Broadcaster-Gen, wenn es das gibt. Jedenfalls denke ich nicht lange über Postings und Beiträge nach. Ich mach' einfach und guck' dann, was passiert.
Warum eignet sich Social Media für einen Agenturchef zur Eigen-PR? Beziehungsweise wie interpretieren Sie selber den Sinn und Nutzen davon?
Wenn man das als Eigen-PR sieht, hat es schon einmal kaum Chance, erfolgreich zu sein. Das ist so wie mit den Startup-Gründern, die nur viel Geld verdienen wollen. Falscher Ansatz! Führt meist nicht zum Erfolg. Dich muss etwas bewegen und antreiben, Du musst etwas mit viel Herz machen, dann folgt der Rest von selbst. Mein Antrieb ist, andere teilhaben zu lassen, bestenfalls zu inspirieren und auf Ideen zu bringeen. Wenn mir das gelingt, macht mir das echt Freude.
Wie viel Zeit verbringen Sie täglich in den sozialen Medien?
Keine Ahnung. Fest steht, dass ich das nicht so nebenbei mache. Ich nehme mir Zeit dafür, weil es mir am Herzen liegt und Spaß macht.
Was würden Sie nie posten?
Ich würde niemals meine Kinder erkennbar zeigen. Und ich würde niemals sagen und zeigen, wo und wie wir wohnen.
Welche anderen Auftritte verfolgen Sie gerne?
Dazu gehören alle, die ich so im Stream habe. Ich schaue dabei gar nicht so sehr, was genau andere in welchem Moment machen. Mich fasziniert her, wenn ich Linien und Konzepte erkenne. Ich finde zum Beispiel das mehrgliederige Social-Media-System von Britta Poetzsch toll. Anregend, amüsant, immer wieder überraschend. Sie kocht, sie erlebt Skurriles in der Bahn, sie geht gern aus und sie liebt ihre Eltern, Tanten, Onkel und erlebt mit denen immer wieder Anrührendes. Und ist sie immer sie: Britta. Echt und unverstellt.
Es gibt hingegen andere, denen merkst Du schnell an, dass sie einfach nur auf eine bestimmte Weise gesehen werden wollen. Der eine will als Denker betrachtet werden und schreibt Sperriges, der andere will als lustig und unterhaltsam gesehen werden, Du merkst aber, dass das irgendwie gezwungen und unecht ist. Sowas fühlt ein Betrachter schnell.
Warum glauben Sie zeigen sich andere Führungskräfte nicht in den sozialen Medien?
Dafür gibt es viele Gründe. Einer sieht die Bedeutung und Chancen nicht. Ein anderer scheut mögliche Fehler und dann Widerspruch. Ein anderer glaubt, er habe keine Themen. Und dann gibt es wieder andere Agenturmanager, die sich – verbunden mit einer bestimmten Agenturmarke – gar nicht so sehr ins Zeug legen wollen, weil sie gar nicht wissen, wo sie in zwei oder drei Jahren sein werden. Ich finde auf jeden Fall, dass man als Agentur sowie als Agentur-Chef oder -Chefin heute nicht mehr sagen kann, der Schuster habe nun mal einfach "die schlechtesten Leisten". Agenturen und ihre Spitzen sollten heute selbst vorleben, was sie ihren Kunden empfehlen.
Auf der anderen Seite bin ich hingegen zuweilen froh, dass immer noch erst wenige andere entdeckt haben, wozu persönliches Engagement führen kann. Denn viele der Kunden und auch Kandidaten kommen zu uns, weil sie von Achtung und mir was oder einiges im Social Web mitbekommen haben. Oder anders: Die Unsichtbarkeit so vieler anderer in unserer Branche, die eigentlich was zu sagen hätten, lässt uns und mich eben nur mehr auffallen.
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