Produzentenallianz:
Mindestlohn in Film und TV: Branche pocht auf billige Praktikanten
Mindestlohn nach sechs Wochen Praktikum? Das lehnt die Produzentenallianz für TV und Film ab und argumentiert mit dem alternativen Ausbildungsweg in der Branche.
Die Debatte um den Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde erreicht die Film- und TV-Branche: Dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie auch für Praktikanten einen Mindestlohn vor sieht, wenn deren Praktika länger als sechs Wochen dauern, ruft die Produzentenallianz auf den Plan. "Diese Regelung hätte massive Auswirkungen auf den Nachwuchs bei der deutschen Film- und Fernsehproduktion", heißt es dazu vom Berliner Verein. "Anders als Industriebereiche mit klassischen Ausbildungen ist die Film- und Fernsehproduktion von beruflichen Quer-, Seiten- und Wiedereinsteigern geprägt", schreiben Alexander Thies, Vorsitzender des Produzentenallianz-Gesamtvorstands, und Produzentenallianz-Geschäftsführer Christoph Palmer an Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Für viele Produktionsberufe wie zum Beispiel im Bereich der Aufnahmeleitung existierten laut den Produzenten keine Schul- oder Universitätsausbildungen; die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten würden im Job gelernt, so das Argument der Produzentenallianz. "Ein Praktikum ist meist der einzige Weg für junge Menschen zum Job in Film und Fernsehen und für Unternehmen zu Nachwuchs", heißt es weiter.
Die Produzentenallianz schlägt stattdessen vor, die Mindestlohn-Regelung bei Praktika "für den Zeitraum von bis zu sechs Monaten bei einem Unternehmen oder von bis zu zwölf Monaten bei maximal zwei Unternehmen derselben Branche" zu kippen. Über diesen Zeitraum hinaus haben die Berliner folgende Lösung parat: "Tätigkeiten, die über die zwölf Monate hinaus gehen, sind in der Weise zu entgelten, dass der Mindestlohn über die Dauer von zwei Jahren insgesamt nicht unterschritten wird."
Es gehe der Allianz nicht darum, "den Mindestlohn auszuhebeln und junge Leute möglichst lange möglichst schlecht zu bezahlen", erklärt Thies, "deshalb schlagen wir ja auch den Ausgleich bei längeren Praktika vor." Thies argumentiert weiter: "Aber die Berufsausbildung als regelrechte ‚Lehre‘ – wie in anderen Branchen – geschieht in der Film- und Fernsehproduktion eben über das Praktikum. Und das muss natürlich länger als sechs Wochen dauern, um eine Ausbildung über den gesamten Produktionsprozess hinweg gewährleisten zu können. Sollte das nicht mehr finanzierbar sein, würden den jungen Menschen massiv Chancen genommen, anstatt ihnen Chancen zu geben."
In TV und Film ist die Spannweite beim Einkommen groß. Während Senderbosse und wichtige Produzenten Millionen Euro pro Jahr mit nach Hause nehmen, gibt es viele schlecht bezahlte Hilfskräfte und so manchen Praktikanten, der umsonst für den Satz schuftet: "Ich bin beim Fernsehen!" W&V Online hat vor geraumer Zeit das Gehaltsgefälle dokumentiert. Vor einigen Wochen haben sich bereits Agenturchefs gegen die Verteuerung von Praktika durch den Gesetzentwurf gewandt.