Analyse:
Millward Brown: Die wichtigsten digitalen Medientrends 2018
Geschlossene Plattformen, Streaming-Boom, Branded Entertainment, Storytelling: Das Marktforschungsunternehmen Millward Brown hat acht Digital- und Medientrends für 2018 identifiziert und analysiert.
Das Marktforschungsunternehmen Millward Brown hat acht Digital- und Medientrends für 2018 identifiziert und analysiert. Ein Fazit: Marketingverantwortliche sollten sich auf die wachsende Bedeutung von Walled Gardens und Streaming-Diensten einstellen. Und darauf, dass die Messung des Cross-Media-ROI noch in weiter Ferne liegt.
Und dies sind die Trends - von Walled Gardens bis Storytelling:
1. Walled Gardens: Geschlossene Plattformen und Werbeumfelder, sogenannte Walled Gardens wie Facebook oder Google, haben 2017 für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Denn Werbungtreibende und Mediaagenturen stehen vor der grundsätzlichen Frage, ob sie Mediabudgets investieren sollen, obwohl die Plattformen relevante Targetingdaten nicht zur Verfügung stellen. Ein weiterer Kritikpunkt sind fehlende Standards mit Blick auf die Wirkungsnachweise. Procter & Gamble hat in den USA bereits Konsequenzen gezogen und die Digitalspendings massiv gekappt. Nichtsdestotrotz sollen Google und Facebook dieses Jahr mit einem satten Plus ihrer Werbeeinnahmen abschließen – und auch Amazon hat im 3. Quartal 2017 ein Wachstum von 58 Prozent im Werbegeschäft verzeichnet. Für 2018 prognostiziert das Unternehmen eine wachsendende Bedeutung von Walled Gardens aufgrund von drei Faktoren: 1. Die Angebote vieler Plattformen sind für die User so attraktiv, dass sie ihre persönlichen Daten gerne teilen. 2. Werbungtreibende (und Agenturen) haben erhöhten Bedarf, teilweise sehr kleinteilige Zielgruppen anzusprechen. Große Plattform-Player haben vergleichsweise sehr spezifische Zielgruppendaten – und dürfen diese auch nutzen. 3. Zugleich kommen kleinere Anbieter zukünftig schneller ins Straucheln, wenn sie bestimmte Zielgruppen nicht erreichen oder den gewünschten inhaltlichen Kontext nicht darstellen können.
2. Werbeausgaben verschieben sich weg von Digital- und hin zu Cross-Media-Investitionen: Immerhin 30 Prozent der weltweiten Werbeausgaben werden im digitalen Umfeld investiert. Doch in diesem Jahr haben große Werbungtreibende wie P&G ihre Digitalinvestitionen überdacht und erstmals drastisch gekürzt. Auch aufgrund der Tatsache, dass diese Kürzungen im Falle von P&G keine direkten Auswirkungen auf dem Umsatz hatten, soll sich diese Entwicklung im Jahr 2018 verschärfen. Marketingverantwortliche werden die Bedeutung digitaler Aktivitäten im Marketing-Mix noch stärker auf den Prüfstand stellen. Medienhäuser, Content-Plattformen, Agenturen und Marktforschungspartner sollten sich darauf vorbereiten und Antworten parat haben. Werbungtreibende wünschen sich eine integrierte Messung der Aktivitäten über die verschiedenen Kanäle hinweg. Ein Knackpunkt ist die mangelhafte Messbarkeit des Cross-Media-ROI. Doch auch in einzelnen Kanälen entstehen neue Hürden: Steigende Investitionen in Mobile Marketing – die aktuell weltweit schon 50 Prozent der Digitalinvestments ausmachen – werden die Anzahl an Walled Gardens erhöhen und damit zukünftig die Messbarkeit der Digitalaktivitäten weiter erschweren.
3. Messung des Cross-Media-ROI ist in Entwicklung – aber bleibt zunächst Stückwerk: Marketingverantwortliche und ihre Media- und Kreativagenturen sind unter enormem Druck, die Effekte ihrer Initiativen auf die Umsatzentwicklung nachzuweisen. Dass dies in allen Details und kanalübergreifend möglich wird, bleibt jedoch auch 2018 Wunschdenken, findet Millward Brown. Bis der Code für einen Cross-Media-ROI geknackt ist, wird noch einige Zeit verstreichen. Werbungtreibende werden somit zunächst weiter versuchen, den Einfluss auf Größen wie Brand Awareness und Umsatzsteigerungen anhand einzelner Aktivitäten oder Kanäle plausibel zu machen.
4. Die Akzeptanz von OTT-Angeboten wächst: Die wachsende Akzeptanz sogenannter "Over-the-top" (OTT)-Angebote seitens der Verbraucher ist offensichtlich: Audio- und Video-Streaming liegen im Trend und Anbieter wie Spotify, Netflix oder Amazon verzeichnen hohe Wachstumsraten. Da vor allem jüngere User in großer Zahl das Interesse an linearen Angeboten verlieren, wird der Druck auf etablierte Anbieter immer größer. Mit dieser Entwicklung gehen allerdings auch neue Anforderungen an die Marktforschung einher: Denn für plattformübergreifende Ad-Effectiveness-Messungen müssen zukünftig nicht nur Methoden angepasst und Systeme überarbeitet, sondern insbesondere die Panels um OTT-Plattformen ergänzt werden.
5. Die Dominanz der Algorithmen geht zu Ende Digitales Marketing wurde im vergangenen Jahrzehnt von Unternehmen dominiert, die in der Lage waren, kluge Algorithmen zu programmieren. Und auch 2018 werden Algorithmen viel Mehrwert für Marketingverantwortliche schaffen. Doch gleichzeitig sollen wir im kommenden Jahr einen ersten Eindruck davon bekommen, inwiefern künstliche Intelligenz dem Marketing behilflich sein kann. Ansätze des maschinellen Lernens werden zukünftig Kampagnen optimieren, indem sie große Mengen unstrukturierter Daten sinnvoll erfassen und Entscheidungen für Media-Investments daraus ableiten. Künstliche Intelligenz wird etwa die Verarbeitung natürlicher Sprache, maschinelles Sehvermögen oder Chatbots verbessern.
6. Branded Entertainment: Videos werden zum zentralen Format „Branded Entertainment“ nennt sich ein Trend, der sich 2018 ausbreiten wird. Der Begriff meint in erster Linie unterhaltsame Videos, die sich im kommenden Jahr zu einem zentralen Content-Format entwickeln werden. Denn Marken werden vermehrt auf unterhaltsame Filme setzen, um ihre Botschaften zu verbreiten. Der Trend hat verschiedene Wurzeln: Einerseits ist er als Antwort auf die teilweise grundlegend ablehnende Haltung gegenüber Werbung zu verstehen, andererseits zeigt die Kantar Millward Brown Untersuchung AdReaction, dass klassische Bewegtbild-Kanäle wie TV oder Kino gerade bei jüngeren Konsumenten der Generation Z (16-19 Jahre alt) hoch im Kurs stehen. Werbetreibende werden darauf reagieren – auch mit Native Advertising, das in redaktionellem Umfeld ausgespielt wird.
7. Sprachaktivierung mit Potenzial für Marketingaktivitäten: Das Potenzial vernetzter Geräte im Haushalt wird seit vielen Jahren thematisiert. Glühbirnen, Thermostate, Sicherheitskameras und Türschlösser – alles lässt sich aus der Ferne per App steuern. Doch die Begeisterung der Verbraucher fällt bislang eher verhalten aus. Möglicherweise wird sich diese Haltung mit der Verbreitung von Alexa, dem Sprachassistenten von Amazon, nun ändern. Eine solche Entwicklung hielte dann auch neue Möglichkeiten für das Marketing bereit. Denn grundsätzlich stehen Konsumenten Werbung im Umfeld von Sprachaktivierung und -steuerung durchaus offen gegenüber. Um negative Reaktionen zu vermeiden, müssen die User jedoch jederzeit die volle Kontrolle darüber haben, wann, wie und wo sie über vernetzte Geräte mit Marken interagieren.
8. Story first! Storytelling wird das Content Marketing erobern: Erfolgreiche Werbung vertraut seit jeher auf die Kraft des Storytellings. Denn gute Kampagnen gründen auf inspirierenden, emotionalen Geschichten. Durch den Hype um Content Marketing scheinen einige Marketingverantwortliche dieses Mantra aus den Augen verloren zu haben. Doch die Richtschnur ist heute genauso wichtig wie gestern. Und vieles spricht dafür, dass sie morgen nochmals an Bedeutung gewinnen wird. Denn Studien zur Werbewirkung von Kantar Millward Brown mittels Facial Coding belegen, dass Videos die Rezipienten nur mit einer guten Story emotional einbinden. Ein überzeugendes Narrativ ist daher auch im Content-Zeitalter die tragende Säule für jene Inhalte, mit denen Marken und Produkte über Kanäle wie Facebook, Twitter, Snapchat oder Instagram mit ihrem Publikum in Kontakt treten. Content ohne überzeugendes Storytelling wird 2018 definitiv zu Ausschussware im Marketing.