Michael Kessler im Social Web: "Auf diesen Zug wollte ich von Anfang an aufspringen"
Twitter-Fan und TV-Comedian Michael Kessler ist auf Expedition für den Rundfunk Berlin-Brandenburg. W&V-Online-Redakteurin Petra Schwegler hat ihn auf dem Floß auf der Havel erreicht und mit ihm über Selbstvermarktung im Web 2.0 gesprochen.
Social Media par excellence: W&V Online sucht das Gespräch mit Schauspieler, Autor und Comedian Michael Kessler, der für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) erneut auf Expeditions-Kurs geht. Dieses Mal fährt er mit einem Floß von der Quelle bis zur Mündung der Havel. Bevor die dritte Staffel von "Kesslers Expedition" am 19. August auf Sendung geht, wissen Fans schon eine ganze Menge - da Kessler seine Reiseerlebnise bei Facebook postet, die entsprechende rbb-Seite versorgt und twittert. Selbstverständlich entsteht dieses Interview nicht hinterm Schreibtisch - nein, Michael Kessler ist medial gut ausgerüstet und beantwortet die Fragen von W&V Online von seinem knapp 17 Quadratmeter Floß aus.
Herr Kessler, seit 4. Juli sind Sie wieder auf dem Floß auf der Havel unterwegs – zum dritten Mal schon. Sie sind durchgehend für "Kesslers Expeditionen" am Drehen – das weiß ich dank Facebook und Twitter. Aber ich weiß auch, dass Ihrem Boot das Benzin ausgegangen ist, die Mücken nerven oder die Sonne auf Sie herunter sticht. Social Media allen Strapazen zum Trotz?
Auf jeden Fall! Der Brückenschlag zwischen Internet und Fernsehen interessiert mich schon lange. Mit der "Berliner Nacht-Taxe" haben wir diese Verbindung erstmalig geschafft. Während der Dreharbeiten habe ich live aus dem Taxi getwittert. Es folgte der Live-Stream aus der fahrenden Taxe. Die User saßen zu Hause vor dem PC und gleichzeitig mit mir in der Taxe. Sie erlebten wie spontan wir die "Nacht-Taxe" wirklich drehen. Das ganze gipfelte in der Suche nach einer Küche in Berlin, in der ich meine Spaghetti kochen darf. Wir fanden diese Küche per Twitter. Im Livestream sah man Kessler und den mutigen Twitterer dann beim Nudelverzehr und netter Plauderei. Die User und ich fanden das sensationell.
Hinter Ihrem Online-Engagement zwischen Mückenstichen und Sonnenbrand muss ja eine Menge Überzeugung stecken!
Allerdings. Ich bin von Natur aus ein neugieriger und offener Mensch, das Internet hat mich immer fasziniert. Die Schnelligkeit, die Direktheit des Internet ist ungemein reizvoll. Der ungefilterte Austausch mit Fans und Zuschauern ist gerade in meinem Beruf ungeheuer spannend.
Eigentlich sollen Sie sich ja um die Kamera kümmern – forciert und unterstützt der rbb Ihr Twittern und Posten?
Zu meiner großen Freude tut der rbb das – und auch noch ganz unkompliziert! Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist das alles nämlich gar nicht so einfach und gar nicht so selbstverständlich. Die rbb-Webseite ist aber immer super gepflegt, sogar die Facebook-Seite von "Kesslers Expedition" ist auf ihr sichtbar. Die Kamera ist heutzutage eben nicht mehr alles. Das weiß der rbb - und ich auch. Deshalb arbeiten wir konsequent vor der Kamera und dahinter - am Handy und am Laptop.
Welchen Stellenwert hat der Online-Part bei der rbb-TV-Produktion "Kesslers Expedition"?
Einen großen. Das Internet gibt mir noch mal ganz andere Möglichkeiten und Freiheiten als die TV-Sendung. Die Zuschauer sollen teilhaben – nicht nur an der Sendung, sondern auch an ihrem Entstehungsprozess. Der Content von TV-Sendung und Social-Media unterscheidet sich vermutlich so, wie die Menschen, die ich auf den unterschiedlichen Ebenen erreiche. Mit dem Internet erreiche ich viele Menschen, die vielleicht nur selten rbb schauen, beziehungsweise gar keinen Fernseher haben. Im Fernsehen erreichen wir viele Menschen, die sich vielleicht nicht mit dem Internet beschäftigen. Es entsteht eine spannende Mischung.
Was sagen Sie als "Heavy User" zur Einstellung von Kollegin Anke Engelke, die neulich Facebook, Twitter und Google als "schrottig" bezeichnet hat und sich Social Media komplett verweigert?
Den Umgang mit Social Media muss jeder selber für sich entscheiden. Für mich war immer klar: Mit dem Internet wird sich nicht nur unser ganzes Leben grundlegend verändern, sondern auch mein Beruf und mein Wirken als Schauspieler. Auf diesen Zug wollte ich von Anfang an aufspringen und ihm nicht eines Tages hinterher schauen.
Glauben Sie, dass Social Media Engelkes Karriere unterstützen könnte?
Ich kann nur für mich selber sprechen. Meine Erfahrungen sind durchweg positiv. Vielleicht aber auch deshalb, weil ich meine Plattformen persönlich betreibe und pflege und sie nicht als reines Karriere-Instrument verstehe. Auf meinen Plattformen findet teilweise ein sehr interessanter und witziger Austausch statt. Es wird sogar richtig kreativ, wenn User zum Beispiel mit mir nach einem Namen für mein Floß suchen.
Haben Twitter und Facebook Ihrer Karriere gut getan?
Das weiß ich nicht. Facebook und Twitter machen mir Spaß und so lange sie das tun, bin ich dabei. Ich mache das alles immer nur wenn ich Lust und Zeit habe. Und nur wenn ich wirklich etwas zu sagen habe.
"Früher" gab es das ja alles nicht. Was ist durch Social Media für Sie persönlich besser geworden?
"Früher" bekam man Wochen nach der Ausstrahlung einer TV-Sendung vielleicht mal eine vergilbte Zuschauer-Post zu Gesicht. Heute bekomme ich schon wenige Sekunden nach der Ausstrahlung ein Feedback, von den Menschen, für die ich meinen Beruf ja ausübe: den Zuschauern. Es gibt Lob, es gibt Kritik. Das ist mir wichtig, denn ich nehme die Zuschauer ernst und bin an ihrer Meinung und ihrem Input interessiert.
Was bringt das Ganze dem rbb?
Diese Frage muss eigentlich der rbb beantworten. Aber ich vermute mal, ein paar jüngere und neue Zuschauer?
Was würden Sie sich an weiteren sozialen Werkzeugen für das Internet wünschen?
Mit dem, was es im Moment gibt, bin ich eigentlich happy, aber ich bin natürlich gespannt, wo die Reise noch hingeht.
Bei all der Euphorie – gibt es auch irgendetwas, das Sie an Facebook und Twitter nervt?
Man sollte sich immer nur zu Wort melden, wenn es etwas zu vermelden gibt. Die Datenautobahnen sind voll genug, da muss man nicht twittern, dass man sich "gerade einen Grießbrei" macht. Weniger ist mehr.