
VPRT:
Medientage München: Medienpolitik will sich mehr um Radio kümmern
Die Rundfunkkommission der Länder müsse sich dem Hörfunk stärker annehmen, so ein Ergebnis des VPRT-Panels auf den Medientagen München. Berlin wolle dabei eine aktive Rolle einnehmen.
Radio soll in der Medienpolitik eine wichtigere Rolle einnehmen. Björn Böhning, Chef der Berliner Senatskanzlei, hält Im Rahmen der VPRT-Veranstaltung bei den Münchener Medientagen zum Thema "Medium der programmlichen Vielfalt: Wer bestimmt die Radio-Agenda?" fest: "Die Radioregulierung ist das Stiefkind der Länderregulierung. Das soll sich ändern.” Die Rundfunkkommission der Länder müsse sich dem Hörfunk stärker annehmen (pünktlich zum 90. Geburtstag des Mediums). Berlin wolle dabei eine aktive Rolle einnehmen. Böhning stellt für die kommende Diskussion um den Medienstaatsvertrag drei Punkte in den Vordergrund: einmal mehr das Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Angeboten. Dann die Werbung bei den Radioangeboten der ARD – hier rechnet Böhning mittelfristig mit einer "Harmonisierung" nach dem NDR-Modell. Will heißen: Maximal eine Stunde Radiowerbung pro Tag und ARD-Anstal in nur mehr einem Programm. Des Weiteren soll die Behandlung von Streamingangeboten gegenüber dem Rundfunk debattiert werden – mit Blick auch auf Kooperationen wie Telekom/Spotify oder Telefónica/Napster. Der zukünftigen Medienregulierung wollen sich die Länder auf einer gemeinsamen Sitzung Mitte November widmen, so der Medienpolitiker.
Der frühere Präsident der Münchner Medienanstalt BLM, Wolf-Dieter Ring, kritisiert in seiner Keynote "Ein neues Machtgefüge zwischen Inhalten und Netzen. Herausforderungen für Radio” die fehlende Wahrnehmung der Funkthemen in der Politik: "Ich bin überzeugt, dass das Medium Radio eine intensive Beschäftigung nötig hat. Die Gemeinschaft der Länder hat diese Aufgabe bislang nicht angenommen." Die Grundsatzfragen der Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft, der Ring als Sachverständiger angehörte, Netzneutralität, Zugang und Auffindbarkeit der Inhalte im Internet und Suchmaschinenneutralität seien auch für Radio äußerst relevant "und müssten auch von den Ländern im Rahmen der überfälligen Weiterentwicklung der Plattformregulierung bearbeitet werden”, so Ring. Zudem verweist er auf Wettbewerbsverzerrungen im dualen System, die jetzt bei Webchannels der Radiosender offenbar würden. Ein Beispiel hat Marko Eichmann, Programmchef der hessischen Jugendwelle Planet Radio aus dem FFH-Reich parat: "Planet Radio ist schon lange nicht mehr das Radio, das es zum Sendestart war. Wir schaffen mit allen Aktivitäten außerhalb von UKW von Webchannels über Social Media und Youtube-Angeboten eine Verlängerung der Programme im Netz. Diese bei unseren Hörern erfolgreichen Konzepte imitiert der gebührenfinanzierte Hessische Rundfunk vollumfänglich."
Klaus Schunk, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Privatfunkverbands VPRT und Geschäftsführer sowie Programmdirektor bei Radio Regenbogen, fügt seinen Vorrednern hinzu: "Ein Skandal ist, dass die Politik die Augen verschließt vor den Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dessen expansive Radioaktivitäten für die privaten Anbieter hochproblematisch sind." Er fordert "eine eigenständige Betrachtung der Gattung Radio" und wiederholt den Aufruf zur Harmonisierung der ARD-Radiowerbung auf 60 Minuten an die Politik. "Auffindbarkeit und Netzneutralität sind der Schlüssel in der Radioregulierung der Zukunft", so Schunk weiter. Stefan Zilch, Geschäftsführer DACH von Spotify, versucht indes die Radiomacher zu beruhigen. Er hebt den grundsätzlichen Unterschied von Streamingdiensten zu Radio hervor. Spotify sei eine Plattform für Inhalte, aber nicht der Filter, Ratgeber und Begleiter, der die Radiosender seien.
Um Radio fit für die Zukunft zu machen, hat der VPRT auch eine Neuheit im Gepäck: "Smart Radio". "Der technische Standard RadioDNS erweitert das UKW-Radioprogramm um Webinhalte in einem Gerät, damit wachsen UKW und Internet – zum Beispiel im Autoradio – zusammen", erklärt Sebastian Artymiak, Leiter Medientechnologie beim VPRT. Entsprechende Praxistests sollen demnächst anlaufen.