Medientage München: Besonders schwere Elefantenrunde
Dieses Mal haben 14 Branchen-Größen mitdiskutiert - spannender wird die Auftakt-Veranstaltung zu den Medientagen München deswegen aber noch lange nicht.
Die 23. Medientage München haben - was die Besetzung des "Elefantenrunde" genannten Auftakt-Mediengipfels angeht - einen Versuch gestartet, ins Guinness-Buch der Rekorde zu kommen. Mit 14 Diskutanten, von denen nur drei unter 50 Jahren sind, ist die Diskussion so üppig ausgefallen wie selten. Der angekündigte bayerische Landesvater Horst Seehofer ist indes auch in diesem Jahr fern geblieben. Die Stellung hat sein Medienminister Siegfried Schneider gehalten. Auch vom frisch gestarteten Sky alias Premiere ist kein Vertreter vor Ort gewesen. Dafür hat die Telekom ihren Chef entsandt - René Obermann hat denn auch den Altersdurchschnitt gesenkt.
Für die Rede ist in diesem Jahr ein Philosoph zuständig gewesen - zumindest dieser, der Autor Richard David Precht, hat die Besucher aufgerüttelt. Sein blutrünstiger Vergleich mit einem Henker mündet in dem Beispiel: "Beim Fernsehen ist der Kopf zwar noch drauf, aber das Nicken fällt schwer." Alles in allem spiegelt die Elefantenrunde durchaus die Lage der Medien wider; während sich Vertreter der privaten und öffentlich-rechtlichen Sender über die Schieflage im Dualen System streiten und RTL den Start von ZDFneo kritisiert, baut die Suchmaschine Google ihre Marktmacht fleißig aus und zählt mittlerweile 35 Millionen deutsche Nutzer pro Tag. Helmut Markwort, seit Jahren eloquenter Moderator des Auftakt-Podiums der Medientage München, nennt es so: "Google riecht nach Monopol."
Die Spitzen, die Markwort in die Runde abgeschossen hat, sind erneut das einzig wirklich Spannende auf einem Podium gewesen, das im Kern seit Jahren gleich besetzt ist. "Wir begrüßen neu in der Runde ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling, ein Fremdling ohne publizistische Reputation - ein Pillendreher." In der Vorstellung holt der "Focus"-Macher gleich weiter aus und nennt RTL-Lenkerin Anke Schäferkordt die "Angela Merkel des Privatfernsehens". Über BLM-Präsident Wolf-Dieter Ring sagt Markwort: "Seine Kontrollsucht ist ungebrochen." Tele-München-Chef Herbert Kloiber bekommt den Stempel "übrig gebliebener Österreicher in den Medien" von Helmut Markwort aufgedrückt. Telekom-Chef Obermann wird vorgestellt als ehemaliger Angestellter, der Mobiltelefone verkaufte und nun festgestellt hat, dass man als Konzernlenker mehr verdienen kann. Laut Markwort verdient René Obermann den Medienführerschein aufgrund seiner Partnerschaft mit ZDF-Frau Maybritt Illner - durch das "Privatstudium" zuhause.
Verleger Hubert Burda, gegen den Burda-Mann Markwort freilich keine verbalen Attacken startete, ist scheinbar auf Kuschelkurs mit den Internet-Konzernen. Anders ist die Aussage - "Google ist die beste Firma der Welt!" - nicht zu deuten. Google-Europa-Chef Philipp Schindler hat die Gelegenheit ergriffen und eine aus seiner Sicht wichtige Frage gestellt: "Würde es einem Medienunternehmen in Deutschland ohne Google besser gehen? Meine Antwort lautet Nein." Aus Ferdinand Kayser, dem CEO von SES Astra, hat Markwort eine neue Definition herausbekommen - das neue Angebot HD Plus ist laut der Mutter Astra "Free-TV in verschlüsselter Qualität". Schäferkordt hat immerhin für Seitenhiebe gesorgt und mit Blick auf ZDF-Chef Markus Schächter konstatiert: "Der größte Pay-TV-Betreiber sitzt hier neben uns." Sie appelliert angesichts der Wirtschaftsflaute die deutsche "Verzweiflungsregulierung" abzubauen. "Sonst ist kein Sattel mehr nötig, weil das Pferd tot ist." Später hat ihr das Podium sogar ein Lachen entlockt, obwohl der Anlass aus RTL-Sicht wenig witzig ist: Herbert Kloiber hat aus der Einkaufsliste des umstrittenen Digitalkanals Neo zitiert, die viele Kaufserien auflistet. Warum das ZDF Neo für ein junges Publikun braucht, hat Schächter auf den Punkt gebracht: "Der größte GAU für das ZDF wäre ein Generationen-Abriss."
Insgesamt gesehen spiegeln die 23. Medientage München die Krise durchaus wider. Die Besucherzahlen sollen um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen sein. Stellvertretend zeichnet Hubert Burda folgendes Bild: Fernsehen ist in drei Jahren dort, wo die gebeutelte Printbranche heute ist. Weitere Erkenntnisse hat die Elefantenrunde unterdessen nicht gebracht.
Web-Interviews von den Münchner Medientagen finden Sie in unserer Mediathek. Lesen Sie mehr über das Branchenevent auch in unserem Medientage-Special.