Medien-Analyse: Guttenberg-Rücktritt musste sein
Die Medien haben einfach zu massiven Druck auf den zurückgetretenen Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg ausgeübt. Die ganze Wucht der medialen Beobachtung hat Media Tenor analysiert.
Karl Theodor zu Guttenberg hat gar keine andere Wahl gehabt. Die Berichterstattung in tonangebenden deutschen Medien über die Plagiate in seiner Doktorarbeit von haben im Februar Dimensionen angenommen, die einen Rücktritt unausweichlich gemacht haben. Zu diesem Schluss kommen die Forscher des Schweizer Media Tenors. "Das Volumen der Berichte überstieg bei weitem den Umfang aller sachpolitischen Debatten. Verglichen mit Kanzlerin Merkel etwa wurde zu Guttenberg das Dreifache an Medien-Aufmerksamkeit zuteil. Und dies in einem Monat, da Merkel selbst auf außenpolitischer Bühne gefragt war – die Ereignisse im arabischen Raum erforderten die Positionierung der Kanzlerin", so Media Tenor.
Um die "Wucht der medialen Fokussierung" auf zu Guttenberg zu demonstrieren, vergleichen die Schweizer die Situation mit dem Rücktritt von Bundespräsident Köhler Ende Mai 2010. Während Köhler mit seinem freiwilligen Rückzug im Mai und Juni gerade mal jeweils rund sechs Prozent der Medien-Aufmerksamkeit auf sich gezogen habe, sind bereits im Januar 13 Prozent und im Februar schließlich 29 Prozent der Wahrnehmung über alle Politiker auf das Konto zu Guttenbergs gegangen. Die Plagiats-Vorwürfe seien zu einem Zeitpunkt gekommen, da sich zu Guttenbergs Medienimage gerade wieder von den Angriffen im Kontext der Gorch-Fock-Affäre zu erholen schien.
Sein Medienbild ist laut Media Tenor aber schon vorher nicht das beste gewesen. Guttenbergs Handeln in der Gorch-Fock-Affäre habe schon Ende Januar zu einem Überhang negativer Aussagen von 22 Prozent geführt. "Zuletzt war der Überhang kritischer Stimmen nur wenig größer", so die Analyse. 25 Prozent haben sich demnach nach dem Plagiat negativ über den Adligen geäußert. "Im Unterschied zur Situation im Falle der Gorch Fock hat sich sein Image allerdings von den jüngsten Angriffen nicht mehr schnell genug erholen können", interpretiert Roland Schatz, Chefredakteur von Media Tenor International, die Forschungsergebnisse. "Denn vorher ging es 'nur' um Kritik an der Amtsführung, jetzt lauteten die Schlagzeilen auf Betrug – dieser Makel ließ ihn nun stürzen."
Media Tenor hat für diese Studie insgesamt 16.504 Aussagen von/über Theodor zu Guttenberg und 34.395 Aussagen von/über Angela Merkel zwischen dem 1. Dezember 2009 und 27. Februar 2011 in 23 tonangebenden TV-, Radio- und Printmedien ausgewertet. Alle Artikel und TV-Beiträge seien von professionellen Analysten untersucht und ausgewertet, versichern die Schweizer. Nicht bewerten hat Media Tenor das Internet; dort haben sich die Kritiker überschlagen.