Welect:
Mediaprofis liefern Werbeantrieb für Düsseldorfer Straßenbahn
Zwei Mitarbeiter von Mediacom haben in ihrer Freizeit ein Startup gegründet. Mit ihrer Firma Welect erfanden sie eine App, mit der Fahrgäste ihre Bahntickets mit Werbungschauen bezahlen.
Das Modell der Werbefinanzierung - für Printtitel derzeit anscheinend eher ein Auslaufmodell, im Digitalen aber im Aufwind - probiert jetzt auch der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr in Düsseldorf aus. Fahrgäste können dort ihre Bahntickets mit Werbungschauen bezahlen.
Die App dazu heißt "Welect Go" und stammt vom Startup Welect, das zwei Mediaprofis gegründet haben: Olaf Peters Wolf und Philipp Dommers arbeiten bei Mediacom.
Die beiden haben im Laufe ihres (Berufs-)Lebens festgestellt: Ohne Werbung keine guten Inhalte. Allerdings sei dies vielen Menschen nicht bewusst. Dann setzen sie zum Beispiel Adblocker ein, um Werbung aktiv zu vermeiden.
Das müsste sich doch umkehren lassen, dachten sich Peters und Dommers, um Verbraucher, Inhaltemacher und Werbungtreibende wieder zusammenzubringen. Etwa indem die Nutzer selbst entscheiden, ob und was sie an Werbung sehen. Was wäre, wenn sich Verbraucher Werbung selbst aussuchen?
Aus diesem Gedanken wurde die App "Welect Go". Die Idee, die jetzt bei der Düsseldorfer Rheinbahn im Praxiseinsatz ist, funktioniert so: Wer sich eine bestimmte Anzahl Spots von ausgewählten Werbekunden in der App "Welect Go" anschaut, muss für sein Nahverkehrsticket nichts bezahlen. Das übernehmen die "Sponsoren" respektive werbenden Marken, die den Nutzern die Fahrkarte spendieren, wenn die ihnen dafür Aufmerksamkeit schenken. Zu den ersten Werbekunden, die dieses Konzept verlockend fanden, gehörtenaus den Branchen Energie, Smartphones, Elektronik, Handel und Beauty.
Allerdings: Das Budget der Werbekunden beziehungsweise die Zahl der Spotabrufe ist vorher festgelegt - was dazu führte, dass die Gratis-Tickets der App nach wenigen Tagen sozusagen erst mal "ausverkauft" sind. Zu erfolgreich, könnte man sagen, zu gut die Idee. Geplant war, dass die Kontingente einige Wochen halten, sagt Philipp Dommers. Aber: Rund 10.000 Düsseldorfer haben "Welect Go" innerhalb von Tagen ausprobiert.
Von deren Erfahrungen fühlen sich Dommers und Peters bestätigt. Die Resonanz auf Facebook auf die werbefinanzierten Fahrkarten (eine Auswahl):
Dass die Kunden selbst entscheiden, ob und welche Werbespots sie anschauen, verbessere auch die Werbewirkung, versprechen Peters und Dommers. Sie haben den Vergleich ungewollter mit freiwillig geschauter Werbung von einem Institut messen lassen. Mit dem Ergebnis: Die Bereitschaft, das Produkt zu probieren (Trial) sei um 50 Prozent, die Markenwiedererkennung (Recognition) um 65 Prozent und die Aufmerksamkeit (Awareness) für den Spot um 126 Prozent höher gewesen als bei üblicher Werbung.
Aufmerksamkeit als Währung, das möchten Olaf Peters Wolf und Philipp Dommers langfristig als Bezahlsystem für kleine Geldbeträge etablieren. Auf dem Weg dahin sind die Welect-Gründer nun auf der Suche nach weiteren Werbekunden und Partnern, zum Beispiel andere Verkehrsbetriebe, Verlage und Serviceanbieter, um sie von ihrem Ticketsponsoring per App zu überzeugen. Die Idee, mit der freiwilligen Werbung Fahrscheine zu bezahlen, war übrigens eine Anregung der Befragten aus Welects Vorabstudien. Mit weiteren Großstädten sei man schon im Gespräch, sagen Peters und Dommers: "Ob die App dann ununterbrochen oder zu saisonalen Anlässen oder Aktionen Tickets ausgeben kann, prüfen wir derzeit."
Zwei Startkunden haben schon nachgelegt: Innogy und Douglas lassen weitere Gratis-Fahrkarten für die Düsseldorfer springen.