
Media-Betrugsvorwürfe: Neue E-Mail-Marketing-Firma aufgetaucht
Im vergangenen Sommer hatte W&V Online einen Skandal im E-Mail-Marketing aufgedeckt - es ging um Schaden im zum Teil sechsstelligen Eurobereich: Nun sind rund um den mutmaßlichen Drahtzieher zwei neue Firmen aufgetaucht.
Gegen Steffen Lutz F. wird von der Staatsanwaltschaft ermittelt. Mehrere seiner ehemaligen Münchner Firmen für E-Mail-Marketing stehen im Verdacht, mit Vorkasse für große Kampagnen getrickst zu haben (W&V Online berichtete im vergangenen Sommer). Nun sind zwei weitere Firmen aufgetaucht, die im Zusammenhang mit Steffen Lutz F. stehen - und die offenbar auch Dienstleistungen für Marketing und E-Mail-Marketing anbieten. Gegen F. wurden mehrere Strafanzeigen gestellt, wie die Staatsanwaltschaft gegenüber W&V-Online bestätigt. Seit Anfang des Jahres ziehen sich die Ermittlungen schon hin. Es geht offenbar auch um Vergehen im Zusammenhang mit den Insolvenzen der beteiligten Firmen.
Doch es hat den Anschein, als würde der Kopf, gegen den ermittelt wird, auch weiterhin in der Branche aktiv sein: Im April hat das Handelsregister einen Neuzugang verzeichnet: Die Bach Schulze Dreyer Marketing GmbH in Fürstenfeldbruck bei München. Seit dem 16.4.2012 hat Steffen Lutz F. dort Einzelprokura. Die Bach Schulze Dreyer Marketing nennt in ihrem Leistungsportfolio E-Mail-Marketing-Dienstleistungen. Gleichzeitig wurde am 4. Juni dieses Jahres eine Steffen F. Marketing e.K. (gekürzt),mit Sitz in München registriert. Laut dem Handelsregistereintrag ist diese Firma u.a. spezialisiert auf "Durchführung von Werbemaßnahmen, Marketingberatung und Autovermietung". Es stellt sich die Frage, welche Rolle Steffen Lutz F. nun bei diesen Firmen spielt. Eine Stellungnahme von Bach Schulze Dreyer war dazu bislang nicht zu erhalten.
Was bislang geschah: Nach intensiven Recherchen, bei denen die W&V-Redaktion mit mehr als 20 Geschädigten sprach, hatte die Online-Redaktion 2011 eine Reihe von Artikeln veröffentlicht: Sie berichteten über ein Firmenkonglomerat, das nach offenbar immer dem gleichen Prinzip agierte: Zunächst sollen - wie Kunden der Redaktion bestätigten - umfangreiche E-Mail-Kampagnen vereinbart worden sein – mit einer sehr hohen Zahl an Leads oder Orders. Ein Teil der Auftragssumme, meistens 30 Prozent, musste laut AGB vorab an den jeweiligen Dienstleister entrichtet werden. Die Leads wurden selten generiert oder waren, auch das bestätigten Kunden W&V, von schlechter Qualität. Aber: Die zu viel entrichtete Vorkasse wurde den Kunden, die die Redaktion sprach, nicht zurückerstattet. Mit einer Klausel der geschickt konstruierten AGB konnten sich die Dienstleister neuerlich aus der Affäre ziehen. Teilweise bekamen die Geschädigten sechsstellige Eurobeträge nicht zurück.Einige der Geschädigten wollten sich im Herbst 2011 zusammenschließen, um gemeinsam Strafanzeige gegen Steffen Lutz F. zu stellen, der als Gründer, bzw. Geschäftsführer hinter den Firmen stand.
Unter den Geschädigten der mutmaßlich beteiligten Firmen Aida Media Gesellschaft für E-Mail-Marketing mbH (hier: Aida Media Gmbh), Aida Media Ltd und Roundup Media sind große Markenunternehmen wie auch große, namhafte Media-Agenturen. Auch für die CDU arbeitete eine Firma von F. Nach der Insolvenz der Aida Media Ltd blieben viele Kunden auf hohen Geldforderungen sitzen – die nachfolgende Aida Media GmbH ging dennoch auf Kundenfang mit alten Referenzen der gleichnamigen Ltd.. Die Münchner Aida Media GmbH war zunächst auch Mitglied im DDV, war dort aber nach Bekanntwerden des Skandals ausgeschlossen worden. Die Firma hatte im Juli - zwei Tage nach den W&V-Recherchen - Insolvenz angemeldet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit auch wegen Insolvenzdelikten.
Im Herbst dann war eine neue Firma aufgetaucht, eine Click2active, die mit alten Referenzen der Aida Media Ltd und der Aida Media GmbH Neukunden akquirierte, und die zunächst eine falsche Handelsregisternummer in ihren Unterlagen angab. Auch hier hat der DDV die Firma, die nach Recherchen von W&V-Online mit Steffen Lutz F. in Zusammenhang stand, von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Interessant hier: Als Vorstandsvorsitzender der Click2active wird aktuell (Stand: 25. Juli 2012) auf der Firmenwebsite Besim Kabashi genannt, ein Weltklasse-Kickboxer, der im Dezember 2011 unter mysteriösen Umständen tot aufgefunden wurde.