"Schmähgedicht"-Verfahren:
Mainzer Staatsanwalt stellt Ermittlungen gegen Jan Böhmermann ein
Bei Böhmermanns "Schmähgedicht" kann die Staatsanwaltschaft Mainz "strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit" nachweisen.
Die Staatsanwaltschaft Mainz hat die Ermittlungen gegen ZDF-Neo-Moderator Jan Böhmermann wegen des Vorwurfs der Beleidigung des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan eingestellt. Wie die Behörde mitteilte, waren im Zusammenhang mit Böhmermanns Schmähgedicht "strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen".
Insbesondere ist sich die Staatsanwaltschaft nicht sicher, ob Jan Böhmermann Erdogan vorsätzlich beleidigt hat. Auch sei fraglich, ob es überhaupt eine Beleidigung war - dazu sei "die Äußerung eines herabwürdigenden persönlichen Werturteils über einen Dritten" nötig. Dagegen könnte nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft sprechen, dass der Beitrag als Beispiel für eine Überschreitung der Meinungsfreiheit dienen sollte.
Er wollte den Unterschied zwischen erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik aufzeigen ...
Böhmermann hatte Erdogan Ende März mit einem "Schmähgedicht" in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" angegriffen und damit über Monate für Schlagzeilen gesorgt. Der TV-Satiriker wollte damit nach eigenen Angaben den Unterschied zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik aufzeigen. Der Text des umstrittenen Gedichts handelt unter anderem von Sex mit Tieren und Kinderpornografie und transportiert außerdem Klischees über Türken.
Die Mainzer Ermittlungen wurden möglich, nachdem die Bundesregierung eine Ermächtigung wegen des Strafverlangens der türkischen Regierung erteilt hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts. Den Passus der "Majestätsbeleidigung" wird es indes nicht mehr lange geben.
Jan Böhmermann ist damit noch nicht alle Sorgen los: Eine Privatklage Erdogans gegen Böhmermann soll noch am 2. November in Hamburg vor Gericht kommen.
Böhmermann-Vertreter sehen Signalwirkung für Zivilverfahren
Böhmermanns Rechtsanwälte - Daniel Krause, Verteidiger im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Mainz und Christian Schertz, Vertreter von Böhmermann im Hamburger Zivilverfahren – zeigen sich nach der Mainzer Entscheidung erfreut. Krause würdigt, dass die Mainzer des Charakter des Gedichts "als Teil eines satirischen 'juristischen Pro-Seminars über die Grenzen der Satire' erkannt habe", welches eine Schmähung des Herrn Erdogan nicht enthalte.
Und Schertz fügt hinzu: "Die Staatsanwaltschaft hat unserer von Anfang an geäußerten Einschätzung der Rechtslage entsprochen. Anders als etwa die Bundeskanzlerin, die offenbar in Unkenntnis des genauen Sachverhalts ihren Regierungssprecher die satirische Nummer von Herrn Böhmermann sogleich pauschal als ´bewusst verletzend' bewerten ließ, noch dazu gegenüber einer ausländischen Regierung, hat die Staatsanwaltschaft erkannt, dass man das Gedicht nicht solitär betrachten kann, sondern es in dem Gesamtkontext seiner Einbindung beurteilen muss."
Der Berliner Staranwalt erwartet, dass nunmehr auch in dem Zivilverfahren die Klage Erdogans abgewiesen werde, "da eine Schmähkritik im engeren Sinne aus den angegebenen Gründen gerade nicht vorliegt". Er sieht dem Termin "gelassen" entgegen.
Abwarten, was @janboehm so meint. Er will nun am Mittwoch um 16.30 Uhr eine persönliche Stellungnahme im Rahmen eines Pressetermins in Köln abgeben.
ps/dpa