TV-Kritik zur neuen RTL-II-Datingshow:
Love Island, Werbeinsel für Durex und Amorelie
Man kann nicht wegschauen! So empfindet W&V-Redakteurin Petra Schwegler die neue RTL-II-Flirtshow "Love Island". Die TV-Kritik.
Mit "Love Island" knüpft RTL II dort an, wo der Münchner Privatsender im Vorabend mit "Köln 50667" und "Berlin – Tag & Nacht" aufhört. Es geht in der deutschen Adaption des britischen Dating-Hits ums Flirten pur, um Spaß am Sex - und um Quoten.
Zum Auftakt formte RTL II am Montag einen Themenabend, wie ihn die Medienaufsicht eigentlich in den 90er Jahren am damals noch jungen Privatsender bemängelte. Längst hatte der TV-Kanal dieses Schmuddelimage abgeschüttelt. Doch seither sind viele Fernsehsignale versendet worden. Im Internet und auf Youtube ist heute ganz selbstverständlich das zu finden, was die Medienwächter einst bei RTL II verhindern wollten. Warum also nicht ein neuer Anlauf mit Freizügigem?
Kommen wir zurück zu "Love Island". Im Kern ist die Show, die jetzt 3 Wochen am Stück jeden Abend eine junge Zielgruppe erreichen soll, sehr einfach gestrickt. Moderatorin Jana Ina Zarrella lädt 10 Singles in eine feudale Villa nach Mallorca. Dort müssen in so genannten Paarungszeremonien die Flirt- und Bindungswilligen zueinander finden. Per App können die Zuschauer dazwischenfunken und Konstellationen ändern. Wer alleine bleibt, muss ausziehen und die Insel verlassen.
Warum die Kandidaten-Auswahl überzeugt
Für den Unterhaltungswert sorgt sicher nicht das einfach gestrickte Spielkonzept, sondern vielmehr die Zusammenstellung der Kandidaten. Produzent ITV hat alles in den Ring geworfen, was das Flirtverhalten anheizt. Da treffen Models und Misswahl-Teilnehmerinnen auf Poser, Stripper, auf einen Sexprotz oder den netten Jungen von nebenan. An einen Intellektuellen ist gedacht, dennoch stimmt es, wenn es in der Produktion aus dem Off heißt: "Der ist ja nicht hier, um sein Abi zu machen!"
Das Casting schafft eine wahre Augenweide: Die Frauen sehen aus wie ihrem Instagram-Profil entsprungen. Die Lippen sind gemacht, die Brüste in den Bikinis sehen prall aus, knackige Bräune und lange Haare runden den sexy Anblick ab. Die Jungs stehen dem in nichts nach - sie sind gut rasiert, frisiert, tätowiert. Gebräunt und frisch dem Fitnessstudio entsprungen, dürfen sie mit all ihren Macho-Allüren aus den Singlefrauen wählen.
Die Premiere am Montagabend fiel übrigens etwas bemüht aus. Sowohl die Moderatorin als auch begleitende Kommentare feixten mit platten Wortspielen wie "Für einen Mann ist es nicht optimal, wenn er als erster kommt…" oder "Lasset die Spielchen beginnen!". Hier vergeben wir ein "Gähn" ...
Wie RTL II die "Eiländer" auf Trab bringt
Für Spannung zwischen den flirtenden Twens soll zum Auftakt Kandidatin Elena sorgen, die die Spielleitung als Nummer 11 in die Villa einschleust und ihr den Auftrag gibt, als rassiges Vollweib mit spanischen Wurzeln einen der anfangs verplanten Junggesellen abzugreifen. Ausspannen ist hier das Spielprinzip. Und es funktioniert, zumal die extrem von sich überzeugten Damen gleich in der ersten Ausgabe von "Love Island" aus dem Konzept geraten. Aber genau dorthin will das Format, das ganz offensichtlich auf die große Mundpropaganda im Social Web abzielt.
Zu den Werbekunden, die zum Auftakt der drei Wochen auf der Liebesinsel schon präsent sind, zählen FMCG-Anbieter ebenso wie Online-Händler und Unternehmen aus der Mode. About You ist Sponsor des Formats, Kondomhersteller Durex wirbt an der Seite der RTL-II-Beteiligung.
Gerade zum Start von "Love Island" hat es der Privatsender geschafft, im Verbund mit dem nachfolgenden Serienpiloten "Call the Boys" und der Reportage "Sex Secrets" das perfekte Werbeumfeld für Erotikanbieter wie Amorelie (gehört aber zur Konkurrenz von ProSiebenSat.1) oder Eis.de zu schaffen. Noch haben sie das Eiland nicht betreten. Aber, wer weiß?
Wie "Love Island" zu bewerten ist
Fazit: Wer Niveau im TV sucht, wird es bei "Love Island" nicht finden. Doch die Trash-Show unterhält - die neue RTL-II-Reihe nutzt die hypnotische Wirkung, die auch schwere Unfälle auf Betrachter ausüben. Man muss einfach hingucken. Ober besser - man kann nicht wegschauen! Allerdings geht es bei "Love Island" unblutig zu, bisher zumindest. Und es gibt viel nackte Haut zu sehen. Wenn es Sender und Produzent ITV über die 3 Wochen hinweg verstehen, die offenbar nach Klischees und Bikinifigur ausgesuchten Mitspielerinnen und Mitspieler bei Spiellaune zu halten, dann könnte sich - ähnlich wie bei den Formaten am Vorabend - eine Fangemeinde bilden. Auch dank Instagram und Co.
Via Twitter hat ein Zuschaer das "Love Island"-Konzept so zusammengefasst:
Zum Auftakt haben immerhin bis zu 1,06 Millionen Gesamtzuschauer zugeguckt. Bei der jungen Kernzielgruppe der 14- bis 29-Jährigen kommt die interaktive Dating-Show "Love Island – Heiße Flirts und wahre Liebe" mit starken 13,6 Prozent bereits an. Die Werberelevanten im Alter zwischen 14 und 49 Jahren waren mit 7,3 Prozent beim Mallorca-TV-Ausflug dabei - ein Wert über Senderschnitt.
Ob RTL II nun das Niveau mit täglichen Ausgaben um 22.15 Uhr halten kann? Das werden die Flirts zeigen.