
Gastbeitrag von Philipp Wachholz:
Kommunikation bei McDonald's: "Wahrheit tut weh, aber erleichtert vieles"
Philipp Wachholz muss einen der schwierigsten PR-Jobs der Republik meistern: Der frühere CDU-Sprecher ist seit gut einem Jahr Kommunikationschef von McDonald's Deutschland und kämpft um das Vertrauen kritischer Lebensmittelkonsumenten. In seinem Gastbeitrag für W&V erklärt er seine sechs goldenen Regeln für erfolgreiche Kundenkommunikation - und wann man damit an seine Grenzen stößt.
Philipp Wachholz muss einen der schwierigsten PR-Jobs der Republik meistern: Der frühere CDU-Sprecher ist seit gut einem Jahr Kommunikationschef von McDonald's Deutschland und kämpft um das Vertrauen kritischer Lebensmittelkonsumenten. In seinem Gastbeitrag für W&V erklärt er seine sechs goldenen Regeln für erfolgreiche Kundenkommunikation - und wann man damit an seine Grenzen stößt.
Wie Marken mit ihren Kunden kommunizieren sollten
von Philipp Wachholz
1. Geh nicht in die Küche, …
… wenn du die Hitze nicht verträgst, lautet ein bekanntes Sprichwort. Im Hinblick auf den Dialog mit unternehmerischen Zielgruppen, vornehmlich Kunden, ergibt sich daraus für mich folgender Gedanke: Wer Kritik nicht aushält und daraus nicht lernen will, sollte weitermachen wie bisher – und seine Gesprächspartner auf Abstand halten. Mit dieser Strategie kann man arbeiten, vielleicht sogar teilweise bestehen. Nachhaltiges Vertrauen gewinnt man damit im Zeitalter der neuen Aufklärung durch Wikileaks und anderen Plattformen nicht mehr. Wer sich hingegen darauf einlässt, seine Kunden an sich heranzulassen, kann diese Entscheidung nicht mehr rückgängig machen. Und er muss damit rechnen, trotzdem oder gerade deshalb immer wieder ins Kreuzfeuer zu geraten. Aber er ist in Summe weniger angreifbar. Wir bei McDonald’s erleben das oft, gerade erst wieder in den vergangenen Wochen. Hintereinander haben uns erst die Gegner von genmodifiziertem Geflügelfutter, danach die Befürworter von glutenfreien Burgern und schließlich jene gegrillt, die hinter Wallraffs Enthüllungen dunkle Machenschaften witterten. Das muss man aushalten. Aber wie gesagt, wer die Hitze…
2. Transparenz allein reicht nicht.
Transparenz ist das Aspirin der Kommunikation. Kuriert alles. In der Politik die Verdrossenheit, in Unternehmen das schlechte Betriebsklima, im Beziehungsmanagement das erschütterte Vertrauen. Transparenz wirkt. Keine Frage. Aber: Transparenz ist nicht genug. Auch das erleben wir bei McDonald’s beinahe täglich. Seit mehr als einem Jahrzehnt können Gäste in unseren Restaurants, auf den Produktverpackungen und online die Nährwerte von Big Mac, Pommes Frites & Co. nachlesen. Zutaten, Inhaltsstoffe und Allergene veröffentlichen wir ebenfalls. Die Erfahrung zeigt aber, dass diese Angaben oft überlesen oder ignoriert werden. Und noch immer gibt es Kritiker, die behaupten, McDonald’s hielte genau diese Informationen zurück, obwohl wir ihnen leicht das Gegenteil beweisen können. Mit Transparenz allein lassen sich Skeptiker also nicht umstimmen.
3. Wir reden nicht mit Kunden. Wir reden mit Persönlichkeiten.
Wir bei McDonald’s setzen nicht allein auf Transparenz, sondern auf Offenheit im direkten Kundendialog. Wir gehen also noch einen Schritt weiter. Offenheit bedeutet, jeden Kunden als Persönlichkeit zu betrachten, individuell auf seine Bedürfnisse einzugehen, ihm zuzuhören, seine Kritik ernst zu nehmen. Genauso, wie es auch ein guter Gesprächspartner macht. Deshalb laden wir bereits seit 2005 unsere schärfsten Kritiker ein – von Günter Wallraff bis Andrea Nahles –, um aus ihrem Feedback zu lernen. Und weil wir nicht jeden unserer täglich 2,7 Millionen Gäste hinter die Kulissen bitten können, haben wir zusätzlich zu unserer Facebook-Seite und zu unserem Kundendienst vor einem Jahr die Dialog-Plattform „Unser Essen. Eure Fragen“ gestartet – als dritte Möglichkeit, außerhalb des Restaurants mit uns ins Gespräch zu kommen. Auf frag.mcdonalds.de können Interessierte, unsere Freunde ebenso wie unsere Kritiker, Fragen zu den Produkten von McDonald’s stellen. Online und für jeden sichtbar erhalten sie eine individuelle Antwort. Dieses Angebot ist in der Branche bislang bundesweit einmalig – und traf ganz offenbar den Nerv. In einem Jahr haben wir rund 20.000 Fragen beantwortet. Fast zwei Millionen User klickten die Seite an.
4. Eine Frage ist noch nicht beantwortet, so lange sie nicht jeder selbst gestellt hat
Durch den täglichen Dialog mit vielen Menschen auf unterschiedlichen Kanälen werden zahlreiche Fragen immer wieder neu gestellt. Zum Beispiel die Frage, warum wir aktuell keine glutenfreien Burger anbieten. Wir haben sie beantwortet. Nicht ein Mal, sondern tausend Mal, was auf unserer Facebook-Seite und auf unserer Dialog-Plattform auch nachzulesen ist. Die meisten Menschen wollen aber nicht lesen, was wir anderen erklärt haben. Sie wollen eine Antwort, die nur für sie bestimmt ist. Weil sie wahrgenommen werden, wichtig sein wollen für den, an den sie sich wenden. Sie wünschen sich also genau das, was wir uns alle wünschen. So ticken Menschen. Wer das nicht begreift, hat gar nichts begriffen.
5. Bei der Wahrheit bleiben
Zu den tausendfach gestellten Fragen gehört auch die, warum wir nicht länger Fleisch von Hähnchen ausschließen, die genverändertes Futter erhalten haben. Dafür haben uns viele User gerade auf unserer Facebook-Seite massiv attackiert. Nach einigen Tagen unter Beschuss scheint es verlockend, den Kritikern irgendetwas zu erzählen oder zu versprechen, damit sie endlich Ruhe geben. Aber gerade dann gilt: Bei der Wahrheit bleiben – auch wenn es weh tut.
6. Geh weit – und dann geh noch weiter!
Wenn man sich auf einen ehrlichen, offenen Dialog einlässt, wie wir es getan haben, weiß man nie, wohin er führen wird. Und wie weit man tatsächlich gehen kann. Gerade sind wir dabei, Grenzen auszuloten. Und diese Grenzen verschieben sich stetig. Sollten wir zum Beispiel unseren Plattform-Besuchern einen Film zumuten, der die Schlachtung von Hühnern oder Rindern zeigt? Einige wenige verlangen solche Bilder. Viele andere schweigen dazu. Und wieder andere, deren Meinungen wir bei Umfragen einholen, sprechen sich ganz klar gegen solche Filme aus. Sie wollen nicht sehen, wie das Rind starb, dessen Fleisch wir für unsere Cheeseburger verwenden. Also nicht zeigen, was nicht sein darf? Wir haben uns für eine Politik der kleinen Schritte entschieden – einen Schritt vor, hinhören, hinsehen, spüren, wie die Menschen das verkraften – und dann weitergehen. Um auch hier bei der Wahrheit zu bleiben: Alles andere würde uns als Unternehmen überfordern.