
Petra Schwegler:
Kommentar: Warum vom Springer-Funke-Deal beide Seiten profitieren
Springer hat eine dahin siechende Totholz-Sparte gerissen und mitleidlos an zurück gebliebene Provinz-Verleger verkauft: Das ist die schnellste und einfachste Interpretation des heutigen Medien-Deals. Und die oberflächlichste. W&V-Redakteurin Petra Schwegler hat etwas genauer hingeschaut. Ein Kommentar.
Mit dem größten Verlagsdeal seit Jahren haben Springer und die Funke Mediengruppe am Donnerstag die Branche überrascht. Für 920 Millionen Euro übernimmt die ehemalige WAZ-Gruppe Regionalzeitungen und Teile des Zeitschriftenportfolios von Axel Springer, darunter Traditionstitel wie "Hamburger Abendblatt" oder "Hörzu". Schnell sind Stimmen laut geworden, wonach Springer als Sieger aus dem Deal hervorgeht – sollte das Kartellamt dem Eignerwechsel des halben Print-Portfolios zustimmen. Immerhin gehe doch "altes" Geschäft von Bord. "Konsequent" sei Springer, heißt es mit Blick auf die digitalen Vorhaben, aber auch zu voreilig beim Abstoßen wichtiger Marken – meinen andere.
Doch wie sieht es bei Funke aus? Hier muss man schon ein bisschen genauer hinsehen. Insgesamt erscheinen in der Mediengruppe 30 Tages- und Wochenzeitungen, 170 Illustrierte und Fachzeitschriften sowie Anzeigenblätter und Kundenzeitschriften. Die deutschen Tageszeitungen haben eine Auflage von knapp 1,1 Millionen. Der Funke-Umsatz lag 2011 bei 1,1 Milliarden Euro – mit 6000 Mitarbeitern hierzulande. Auch wenn das Haus in den vergangenen Monaten immer wieder durch Schließungen ganzer Redaktionen für negative Schlagzeilen gesorgt hat: Im Kern hat sich die Funke Mediengruppe immer zu Print, zu seinen Marken bekannt. Allen voran zur "WAZ", dem einstigen Namensgeber des Konzerns. Die Nummer zehn im deutschen Medienmarkt kauft von der Nummer drei – Springer – nun Titel, die noch ganz schön Gewinn abwerfen. Mehr als 18 Prozent betragen die Ebitda-Renditen, die die Regionalzeitungsgruppen sowie die Programm- und Frauenzeitschriften im vergangenen Jahr bei Springer abgeliefert haben. Funke kauft ergo im alten Kerngeschäft Print ein, was noch funktioniert und – zumindest größtenteils – Geld einbringt. Die Essener kommentieren das in einer Mitarbeitermail so: "Wir investieren in unsere Zugpferde!"
Hinzu kommt: Marken wie "Hörzu", "TV Digital", "Bild der Frau" ergänzen die Programm- und Frauenzeitschriftenmarken bei der Familie rund um die "WAZ" optimal und stärken die Offerten in der Vermarktung. Ärgerlich ist der Deal für Burda: Funkes kaufen einfach dazu, was seit wenigen Monaten einer gemeinsamen Werbe-Kombi mit den Münchner Kollegen abgerungen wurde: mehr Reichweite für die Frauen- und Programmzeitschriftentitel. Beim zweiten Blick auf den Großeinkauf im Printmarkt kann festgehalten werden: Der Springer Verlag, der teuer verkaufen kann, und die Funke Mediengruppe können durchaus von einer "Win-Win-Situation" sprechen.
Doch das gilt nur für die wirtschaftliche Seite. Die Mitarbeiter und der Medienstandort Hamburg werden - einmal mehr - in die Röhre gucken. Die Mittel, mit denen die Funke Mediengruppe Einsparungen umsetzt, sind bekannt: Pool-Lösungen und Bündelungen von Redaktionen an einem Standort. Es kann sich eigentlich nur fürchten, wer als Mitarbeiter vom 920-Millionen-Deal betroffen ist. Aber das sind leider mehr als genug.