Neues Logo:
Kodak: Eine Ikone kehrt als Liebhabermarke zurück
Kodak sucht nach der Insolvenz das Heil im Retro-Stil. Das gilt auch für das Logo. Beobachtungen von W&V-Design-Kolumnist Norbert Möller.
Es gibt noch ganze Generationen, die sich an die Marken von Kameras, Filmen und Fotopapier vor der digitalen Revolution erinnern. Viele davon existieren nicht mehr. Das darf uns paradox erscheinen, denn gleichzeitig weiß das Medium Fotografie im Moment nicht wohin: Es ist allgegenwärtig und flutet die Kommunikationskanäle. Weil Speicherkapazität günstig und fast unendlich verfügbar ist, fotografiert man ständig alles mehrfach und verliert damit auch die Überblick. Doch viele Marken aus dem Zeitalter der analogen Fotografie haben es nicht geschafft, ein Geschäftsmodell für die digitale Transformation zu entwickeln.
Auch Kodak ist so ein Pionier der Fotografie, gegründet 1892 und damals hatte der Mitgründer und Erfinder Georg Eastman viel vor, indem er mit dem erdachten Namen Kodak einen kurzen international sprechbaren und schutzfähigen Namen ersann. Die Buchstaben im versal geschriebenen Namen haben eine von ihm erdachte Symmetrie: die Buchstaben KOD und K sind horizontal gespiegelte Formen, O und A lassen sich vertikal spiegeln. Meine Hochachtung vor dieser gedanklichen Herleitung und der damit verbundenen Vision, denn damals spielte das Thema internationale Marke gemeinhin keine bedeutende Rolle.
Kodaks Niedergang ging mit der rasanten Entwicklung der digitalen Fotografie einher und gipfelte 2012 in der Insolvenz. Zwar versuchte das Unternehmen, auch in der digitalen Fotografie Pionier zu sein, setzte aber immer wieder auf falsche Entwicklungen wie die Kodak Picture Disc oder das Advanced Photo System und war obendrein einfach zu teuer. Es ist zu vermuten, dass die Historie in der analogen Fotografie und die Marktbedeutung in diesem Bereich sicher zu einer gewissen Unflexibilität beigetragen haben. Und manchmal ist es das Risikos eines Pioniers, dass man auf die falschen Entwicklungen setzt – hinterher ist man immer schlauer.
Einen letzten Versuch der Repositionierung wagte Kodak 2006: Den Strategiewechsel hin zur Digitalfotografie wollte das Unternehmen auch in seinem Erscheinungsbild deutlich machen. Deshalb wurde die seit 1971 bestehende Umform der Marke – das markante gelbe Rechteck mit der roten Form eines abstrakten K – weggelassen. Zurück blieb ein einfacher Schriftzug mit einer bemühten Buchstabenveränderung beim "oda": Alle Buchstaben sollten die gleiche runde Grundform haben.
Nach der Insolvenz und einer abermaligen Neuausrichtung hat man sich wieder auf die alten Werte besonnen und seit vergangener Woche ist das neue Logo fast wieder das alte. Das Unternehmen hat heute natürlich nicht mehr ansatzweise die Größe von früher, aber bekommt dadurch eine neue Chance.
Ein Blick auf das neue Logo genügt um festzustellen: Wie schön ist diese Ikone! Die Form des abstrahierten K steht für Licht, die beiden Schenkel des K deuten Lichtstrahlen an, die entweder auf ein Linse treffen oder umgedreht gesehen eine Quelle darstellen, die Licht erzeugt und Daten projiziert. Über Peter J. Oestreich, dem Designer, der das Kodak-Logo von 1971 gestaltete, ist wenig bekannt, aber er hat eine Ikone geschaffen, die für mich zu den Top 30 der Welt gehört.
Meine persönliche Meinung: Ich hätte bei der jetzigen Überarbeitung nicht unbedingt den Schriftzug vertikal gesetzt, denn dadurch ist er nicht besonders gut lesbar. Aber ich verstehe natürlich auch, dass die Agentur etwas Neues machen musste. Und es erinnert dadurch an die Perforation eines Filmstreifens. Wobei: Das ist mir dann schon etwas zu viel Retro.
Im Freundeskreis habe ich schon vernommen, dass der ein oder andere sich auf jeden Fall die Super8 Kamera von Kodak kaufen will. Wahrscheinlich wird es eine Entwicklung wie bei der guten alten Schallplatte geben: Analoge Liebhaberprodukte bilden keinen riesigen Markt – aber einen werthaltigen. Denn irgendwann reicht einem die virtuelle Welt und man möchte etwas in den Händen halten. Und das neue und alte Logo von Kodak ist auf jeden Fall etwas Werthaltiges für die Augen.
Einen Überblick über die Entwicklung des Kodak-Logos gibt es hier.
Der Autor: Norbert Möller ist seit 2003 Executive Creative Director der Peter Schmidt Group und leitet deren Corporate Design Team am Standort Hamburg. Zu den von ihm betreuten Marken und Unternehmen zählen unter anderem Linde, Henkel, Kühne+Nagel, die Postbank, REWE, die Stadt Hamburg und das Goethe Institut. Möller studierte Visuelle Kommunikation an der HfBK Braunschweig und arbeitet seit 1992 bei der Peter Schmidt Group, darunter von 1999 bis 2003 als Geschäftsführer.