Lesetipp:
#KiyiyaVuranInsanlik: Foto des toten Flüchtlingskindes rüttelt wach
Bilder von einem ertrunkenen Flüchtlingsjungen gehen um die Welt - die Abbildung empört viele. Doch bringt das Motiv die Medien zum Nachdenken. Ein Lesetipp.
Ein Foto eines ertrunkenen Flüchtlingsjungen am Strand von Bodrum bewegt Medien und Netz. Nachdem mindestens zwölf syrische Flüchtlinge am Mittwoch vor der türkischen Küste ums Leben gekommen waren, hatte das Motiv des kleinen toten Aylan den Weg auf viele Titelseiten gefunden. Nun läuft unter dem Hashtag #KiyiyaVuranInsanlik (die fortgespülte Menschlichkeit) eine hitzige Diskussion, wie Medien und Online-Nutzer mit diesem Bild umgehen sollen. Stefan Plöchinger, Chefredakteur von SZ.de, gibt in einem Kommentar keine eindeutige Antwort ab, weist aber auf die Wirkung des Motivs auf die sensationslüsterne Boulevardpresse und ewig Unbelehrbare hin:
"Über die Bilder des toten Kindes von Bodrum aber kann selbst die Schundpresse wenig anderes schreiben als: Horror! Diese Unzweideutigkeit macht die Aufnahmen zu besonderen Aufnahmen, denn sie weisen ins Zentrum dieser humanitären Krise. (...) Gegen die hier abgebildete Erkenntnis kommt kein Rechtspopulist mehr an. Das macht solche Fotos potenziell so wirkmächtig für die Asyl-Diskussion."
Abbilden will der Online-Part der "Süddeutschen Zeitung" das aufrüttelnde Motiv nicht. Gegen diverse Medien liegen inzwischen Beschwerden beim Presserat vor, weil sie anders gehandelt haben.
Beim Stern.de-Team um Chefredakteur Philipp Jessen hat man sich beispielsweise bewusst für die prominente Abbildung des kleinen Aylan entschieden – wie es etwa auch die britische Presse am Donnerstag getan hat. Jessen argumentiert:
"Der Junge ist tot. Die Welt dreht sich weiter. Nicht bei uns. Jedenfalls nicht heute. Der Junge am Strand wird den ganzen Tag bei uns zu sehen sein. Ganz oben. 24 Stunden. Passiere, was wolle. Denn sein Recht auf ein Leben wurde ihm genommen. Dann hat er zumindest das Recht, noch einmal gesehen zu werden."
Wie Plöchinger andeutet: Selbst der Boulevard hält inne und denkt nach. So hat Springers "Bild" am Donnerstag die letzte Seite – sonst für das Bunteste reserviert – freigeräumt und dort rund um das Motiv des toten Dreijährigen eine Art Traueranzeige gestaltet. Immerhin. Und vielleicht vermag das Foto des kleinen Jungen die Politiker eher wachzurütteln als 1000 Texte. Es bleibt zu hoffen.
Machen solche Bilder den Ernst der Flüchtlingskatastrophe greifbar? Oder sind sie geschmacklos? #KiyiyaVuranInsanlik pic.twitter.com/AljDEJQDXG
— Radio Fritz (@FRITZde) 3. September 2015
Flüchtlinge: Bricht ein Foto den Widerstand in der EU? http://t.co/R71rJHtIVI #Aylan #KiyiyaVuranInsanlik
— tagesschau (@tagesschau) 3. September 2015
Zu grausam? Der schwierige Umgang mit dem Foto zur Flüchtlingskrise: http://t.co/hSewBUVamU
#KiyiyaVuranInsanlik
— ZDF heute (@ZDFheute) 3. September 2015
#KiyiyaVuranInsanlik
"Es könnte unser Kind sein" –
über Wirkung des toten Flüchtlingskindes.
https://t.co/fYArv4AHz6 pic.twitter.com/rv0ToUo3Lp
— SWRinfo (@SWRinfo) 3. September 2015