Kartellamt verbietet "deutsches Hulu"
ProSiebenSat.1 und RTL müssen sich nun endgültig von der Idee einer gemeinsamen Videoplattform verabschieden.
Der Rückschlag hatte sich bereits angebahnt, nun wird er amtlich: Das Bundeskartellamt verbietet der Mediengruppe RTL Deutschland und dem TV-Konzern ProSiebenSat.1 endgültig, eine Onlineplattform für TV-Sendungen aufzubauen. Die Unternehmen seien nicht bereit, an der geplanten Konzeption des Vorhabens grundlegende Änderungen vorzunehmen. „Eine weitergehende Öffnung der Plattform in technischer Hinsicht sowie für andere Anbieter wurde nach wie vor nicht angeboten“, so die Begründung des Kartellamts. „Die Gründung der gemeinsamen Plattform würde das marktbeherrschende Duopol der beiden Sendergruppen auf dem Markt für Fernsehwerbung weiter verstärken“, befürchtet Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes.
Die beiden deutschen TV-Anbieter wollten nach dem US-amerikanischen Vorbild "Hulu" eine technische Plattform aufbauen, auf der alle interessierten Sender (auch die Öffentlich Rechtlichen), Fernsehinhalte zum Abruf hätten bereitstellen können - und das bis zu sieben Tage nach der TV-Ausstrahlung.Noch ist die Entscheidung des Bundeskartellamtes gegen die Plattform aber nicht rechtskräftig. Die Unternehmen haben einen Monat Zeit Beschwerde einzulegen, über die dann das OLG Düsseldorf entscheiden würde. Die Mediengruppe RTL Deutschland gab bereits bekannt, dass sie erwäge, nun gerichtlich gegen die Entscheidung vorzugehen.
Kritik an der Entscheidung übte die Mediengruppe an mehreren Punkten: Laut RTL verkennt das Bundeskartellamt, dass das geplante Joint Venture als rein technischer Dienstleister keine Vermarktungsaktivitäten ausgeübt hätte - im Gegensatz zu der amerikanischen Plattform Hulu. Der Werbemarkt sei daher nicht betroffen und die Vermarktung würde von den teilnehmenden Sendern selbst durchgeführt werden. Die Mediengruppe RTL Deutschland geht nicht davon aus, dass durch die Plattform ein wettbewerbsloser Duopol im TV-Markt entstünde. Der Wettbewerb zwischen den beiden Sendern bleibe bestehen, auch unter Einbeziehung des Internets. Das Internet werde von internationalen Playern dominiert und biete eine grenzenlose Bewegtbild-Vielfalt von professionell produzierten und nutzergenerierten Inhalten.
Zudem kritisiert die Mediengruppe das Vorgehen des Amtes, da es bis zuletzt konstruktive Gespräche mit dem Bundeskartellamt gegeben habe. Dabei hätten die Mediengruppe RTL Deutschland und ProSiebenSat.1 verschiedene Vorschläge gemacht. Der Grund, der nun aber ausschlaggebend war, dass sich das geplante technische Dienstleistungsunternehmen nur an TV-Sender gerichtet hätte, sei dabei allerdings gar nicht Teil der Diskussion gewesen. Und das obwohl es seit August 2010 bekannt gewesen sei.
kas/fm