
Kaminski-Video heizt Debatte um Pitch-Kultur wieder an
Die öffentliche Absage von Achtung-Chef Mirko Kaminski via YouTube hat das Thema Gratis-Pitches wieder ins Blickfeld gerückt. Dabei ist das Problem der Agenturen zu einem großen Teil hausgemacht.
72 Kommentare, viel Lob und auch ein bisschen Sarkasmus - das sind die Reaktionen ein Tag nach der öffentlichen Pitch-Absage von Achtung-Chef Mirko Kaminski in einem Youtube-Video. Die Aktion stieß in der Branche auf große Zustimmung, Kaminski selbst erhielt zahllose Mails und Anrufe. Das Video wurde bisher über 10.000 Mal abgerufen.
Aber leider wird die ungewöhnliche Aktion - das steht schon jetzt so gut wie fest - kaum etwas bringen. Denn das Problem der Gratis-Pitches ist auch hausgemacht. Wenn keine Agentur mitmachen würde, gäbe es derartige Pitches auch nicht. Geklagt wird über die Schnorrer-Kultur schon seit vielen Jahren. Bisher aber ohne sichtbaren Erfolg.
"Leider lassen sich viele kreative Köpfe wie billiges Freiwild behandeln", sagt ein Kommentator auf Youtube, der sich Mundingmedai nennt: "Mehr Selbstvertrauen und Rückgrat täte machen Agenturen gut."
Ein anderer (TheunknownMan) regt sich darüber auf, dass es Unternehmen offenbar einzig und allein darum gehe, "kostenlos neue Inspiration zu bekommen". Warum sonst müsse um jeden Pipifax extra gepitcht werden: "Es scheint nichts zu zählen, dass man vorher schon dutzende Großprojekte für den Kunden erfolgreich abgeschlossen hat."
Kaminski selbst macht in einem Kommentar darauf aufmerksam, warum sich das Problem zuletzt so verschärft hat: "Bislang ist die Konzeption oft über die Umsetzung rückfinanziert worden. Aber da drehen Unternehmen mehr und mehr an der Preisschraube. 'Vorne' wird oft nichts bezahlt und 'hinten' immer weniger. Wie soll eine Agentur da die Brains zahlen und halten, die sie braucht, um immer anspruchsvollere Kommunikationsaufgaben zu lösen?"
So viel zum Thema schuftende Praktikanten in den Agenturen.
Und was meint der Chef der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM), Uwe Becker von Unilever, zur Aktion von Kaminski: "Das ist sicherlich eine andere und eher ungewöhnliche Art, auf das Thema aufmerksam zu machen. Aber das Thema ist ja nicht neu und begleitet uns seit Jahren. Ein professionelles Briefing ist wichtig und wir empfehlen auch die Zahlung eines Pitchhonorars. Wir wissen, dass die Realität im Markt teilweise anders ausschaut, aber die vor einigen Jahren von uns gemeinsam mit dem GWA erarbeiteten Handlungsempfehlungen haben nach wie vor Gültigkeit."
Einer der Kommentare auf Youtube macht aber deutlich, was manche von dieser Pitchhonorar-Empfehlung halten: "Aus den beträchtlichen Agenturvergütungen sind die Pitches locker abzudecken, vorausgesetzt man gewinnt zumindest ein paar davon." Und zum Thema Offenlegung des Budgets: "Was verlangt Herr Kaminski eigentlich? Dass der Kunde ihm den Preis für SEINE Leistung nennt, indem er das Budget offenlegt, so dass die Agentur den Stundensatz entsprechend anpasst?"