Kai Blasberg: "Man darf nicht so tun, als ob wir uns alle lieb haben"
Der Fernsehsender Tele 5 wird beim nächsten TV-Wirkungstag nicht mit dabei sein. Im W&V-Interview erklärt Senderchef Kai Blasberg die Gründe.
Der Fernsehsender Tele 5 wird beim nächsten TV-Wirkungstag nicht mit dabei sein. Im W&V-Interview spricht Senderchef Kai Blasberg über die Gründe.
Warum steigt Tele 5 beim TV-Wirkungstag aus?
Einen TV-Wirkungstag zu veranstalten ist wie Eulen nach Athen zu tragen. 80 Prozent der Güter, für die geworben wird, sind Fast Moving Consumer Goods. Sie haben außer der Tageszeitung nur das Medium Fernsehen. Und auch wenn Online und Fernsehen immer weiter zusammenwachsen, wird es die Struktur von Fernsehen weiterhin behalten. Online braucht Führung, braucht Marken von Sendern. Hinzu kommt, dass Fernsehen in der Masse eher ein Medium für die Generation der 40plus sein wird. Wem soll ich denn die Fernsehforschung jetzt noch zur Verfügung stellen? Wer keine TV-Werbung macht, hat seine Gründe – sie heißen meistens Budget oder Produkt.
Nun ist der TV-Wirkungstag aber die einzige Veranstaltung für die Gattung TV, nachdem die Telemesse nicht mehr existiert.
Ich habe mich mehr als einmal für die Wiederbelebung der Telemesse ausgesprochen. Der "Wirkungstag“ soll sie ja nicht ersetzen. Der Kongress ist eher etwas für die breite Masse der Mediaplaner. Selbst wenn Entscheider dort zu finden sind, entscheiden sie nicht nach den dort vorgestellten Vorgaben. Stattdessen muss man das Fernsehen so präsentieren, wie es wirklich ist. Ich erinnere mich noch, als Larry Hagmann im 79er Mercedes SEL bei der Telemesse 2002 auf die Bühne kam – solche emotionalen Momente machen Fernsehen aus. Was Dieter Bohlen macht oder Thomas Gottschalk oder auch Stephanie zu Guttenberg: Das ist die Relevanz von Fernsehen.
Aber es muss doch einen Grund gehabt haben, warum Sie dem Kongress beigetreten sind.
Wir sind vor zwei Jahren beigetreten, obwohl ich nicht restlos überzeugt war. Meiner Ansicht nach ist Fernsehforschung ausgereizt. Aber ich wollte es einmal ausprobieren. Jetzt habe ich mir den Wirkungstag angesehen und finde den Nutzen für unseren Sender nicht. Obendrein wollen die Beteiligten auch noch einen Verein gründen und dazu einen hauptamtlichen Vorsitzenden haben. Das treibt die Kosten schnell auf das Doppelte. Und da muss ich sagen: Das geht nicht. Außerdem neigen wir in Deutschland sowieso zur Vereinsmeierei: Jeder, der dreimal Gummibärchen hochwerfen kann, gründet einen Verband. Ich bin ein Gegner von Verbänden. Die erreichen niemanden.
Sind Verbände nicht schlagkräftiger als der Einzelen?
Niemals. Und in diesem konkreten Fall muss man zur Kenntnis nehmen, dass zwischen den Großen wie IP und SevenOne auf der einen Seite und den Kleineren auf der anderen Seite unterschiedliche Gewichtungen herrschen. Wir sind Konkurrenten, das darf man nicht vergessen. Man darf nicht so tun, als ob wir uns alle lieb haben. Wir haben unterschiedliche Interessen.