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Julian Reichelt freigestellt: "Ich werde mich wehren"
Bild-Chefredakteur Julian Reichelt streitet die Mobbing- und Nötigungs-Vorwürfe weiterhin ab. Dennoch lässt er sich jetzt befristet freistellen. Währenddessen untersucht Axel Springer die Anschuldigungen.
Bild-Chefredakteur Julian Reichelt ist inmitten eines laufenden Compliance-Verfahrens befristet freigestellt worden. Der Medienkonzern Axel Springer teilte am Samstag in Berlin über Reichelt mit: "Um eine ungestörte Aufklärung sicherzustellen und die Arbeit der Redaktion nicht weiter zu belasten, hat er den Vorstand darum gebeten, bis zur Klärung der Vorwürfe befristet von seinen Funktionen freigestellt zu werden. Die Freistellung ist inzwischen erfolgt."
Ein halbes Dutzend Mitarbeiterinnen des Springer-Verlags sollen sich über angeblich wiederholtes Fehlverhalten des Vorsitzenden der "Bild"-Chefredaktionen und Sprechers der "Bild"-Geschäftsführung beschwert haben. Reichelt (40) weise die Vorwürfe zurück.
In einer internen Nachricht an Kolleginnen und Kollegen, die der Deutschen Presse-Agentur vorlag, schrieb Reichelt, "Bild" und die Menschen bei "Bild" seien sein Leben. "Ich habe immer alles dafür getan, dass es Bild, dass es uns gut geht und das tue ich auch heute, auch wenn es mir unendlich schwerfällt. Deswegen habe ich den Vorstand gebeten, mich vorerst zu beurlauben, um dazu beizutragen, unangreifbare Aufklärung zu betreiben und die Vorwürfe zu prüfen, die gegen mich erhoben wurden."
Der Chefredakteur betonte: "Die Vorwürfe sind falsch."
Das Compliance-Verfahren zielt darauf ab zu prüfen, ob das Verhalten regelkonform war und die Richtlinien einer Firma eingehalten worden sind. Der Medienkonzern betonte: "Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Daher wird das Unternehmen derzeit keine weiteren Angaben zum Verfahren und zum Gegenstand der Vorwürfe machen."
Chefredakteurin von „Bild am Sonntag“ übernimmt
Nach Andeutungen des Satirikers Jan Böhmermann in seiner ZDF-Show vor gut einer Woche hatte der "Spiegel" unter Berufung auf Informationen berichtet, dass es Vorwürfe von mehreren Beschäftigten geben soll. Das Nachrichtenmagazin schrieb von Machtmissbrauch und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen.
In der Zwischenzeit übernimmt die Chefredakteurin von "Bild am Sonntag" und Mitglied der Chefredaktion der Bild-Gruppe, Alexandra Würzbach, die Führung der Redaktion. Bei der Aufklärung der Hinweise auf mögliche Compliance-Verstöße innerhalb der "Bild"-Redaktion hat das interne Compliance-Management externe Experten hinzugezogen, wie Springer bestätigte.
"Ich werde mich gegen die wehren, die mich vernichten wollen"
Das Medienhaus betonte zudem: "Axel Springer hat immer und sehr grundsätzlich zu unterscheiden zwischen Gerüchten, Hinweisen und Beweisen. Wenn aus Gerüchten über andere Personen konkrete Hinweise von Betroffenen selbst werden, beginnt das Unternehmen - wie im aktuellen Fall - sofort mit der Aufklärungsarbeit." Wenn aus Hinweisen Beweise werden, handele der Vorstand. "Diese Beweise gibt es bisher nicht. Auf Basis von Gerüchten Vorverurteilungen vorzunehmen, ist in der Unternehmenskultur von Axel Springer undenkbar."
Reichelt schrieb in der internen Nachricht an die Kolleginnen und Kollegen auch: "Ich werde mich gegen die wehren, die mich vernichten wollen, weil ihnen Bild und alles, wofür wir stehen, nicht gefällt."
Die Stationen des Julian Reichelt
Der Journalist ist seit 2002 beim Konzern Axel Springer in unterschiedlichen Funktionen tätig. Nach dem Abschluss an der Springer-Journalistenschule begann er 2004 im Nachrichten-Ressort von "Bild", 2007 wurde er "Bild"-Chefreporter. Reichelt berichtete häufig aus Krisengebieten. 2014 übernahm er den Posten Chefredakteur bild.de. Im Februar 2017 wurde er neben der Tätigkeit als Chefredakteur Bild Digital zusätzlich Vorsitzender der "Bild"-Chefredaktion und trägt seither die übergeordnete redaktionelle Verantwortung der Bild-Marke. 2018 trat er dann zudem den Posten des Chefredakteurs Bild Print an. Im vergangenen Sommer wurde Reichelts Position im Konzern nochmals gestärkt: Der Chefredakteur wurde Sprecher der Geschäftsführung für die Bild-Marke.
Die bundesweit verkaufte Auflage der Tageszeitung lag im vierten Quartal 2020 nach Zahlen der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) bei rund 1,2 Millionen Exemplaren. In dem ausgewiesenen Wert sind auch die Exemplare der Berliner Boulevardzeitung "B.Z." (rund 86 000) enthalten. Die Gesamtzahl ist rückläufig.