
Christopher Schering:
Jugendmarketing: Werbung für Kinder muss Werte schaffen
Im Kinder- und Jugendmarketing gehen unüberlegte Kampagnen schnell nach hinten los. Tipps für Marketer hat Christopher Schering.
Kinder und Jugendliche sind eine lukrative, gleichzeitig aber sehr schützenswerte Zielgruppe. Für unüberlegte Werbemaßnahmen hagelt es deshalb schnell Kritik. Bei der Umsetzung ist viel Fingerspitzengefühl gefragt, weiß Christopher Schering*. Der Geschäftsführer von Cobra Youth Communications erklärt, was bei der Gestaltung von Kampagnen für junge Zielgruppen zu beachten ist, und hat konkrete Tipps für Marketer.
Verantwortung versus Abverkauf
Keine direkten Kaufaufrufe, die klare Unterscheidbarkeit von redaktionellen Inhalten und Werbung oder das auffällige "Close-Buttons" – es gibt bereits eine Reihe gesetzlicher Bestimmungen, welche die werbliche Ansprache von Kindern und Jugendlichen regeln. Werbungtreibende Unternehmen sollten allerdings einen Schritt weiter gehen und sich ihrer Verantwortung gegenüber jungen Menschen und ihren Familien bewusst werden.
Dieser Gedanke ist der Kern des sogenannten risikoorientierten Stakeholder-Ansatzes, der als eine Art Anleitung für verantwortungsvolles Kinder- und Jugendmarketing verstanden werden kann.
So geht’s: In fünf Schritten zur erfolgreichen Kinder-Kampagne
1. Machen Sie Anspruchsgruppen zu Zielgruppen
Werbekampagnen erreichen nicht nur die primäre Zielgruppe – in diesem Falle die Kinder – sondern auch jede Menge anderer Menschen, deren Interessen betroffen sein könnten. Im Kinder- und Jugendbereich sind diese sogenannten Stakeholder vor allem Eltern und Pädagogen, häufig aber auch Verbraucherschützer und Medienschaffende.
Experten-Tipp: Holen Sie die Stakeholder frühzeitig mit ins Boot. Im Idealfall setzen Sie sich an einen Tisch, diskutieren die unterschiedlichen Interessenslagen und versuchen, Lösungen und Kompromisse zu finden.
2. Antizipieren Sie andere Meinungen
Nicht immer haben die verschiedenen Anspruchsgruppen Interesse daran, sich mit Ihren Kommunikationsmaßnahmen zu beschäftigen. Schärfen Sie dennoch frühzeitig Ihre Haltung gegenüber Ihrer Kampagne, um späterer Kritik sicher gegenübertreten zu können.
Experten-Tipp: Führen Sie einen Perspektiven-Check durch und schaffen Sie Szenarien. Versetzen Sie sich in die Lage der Verbraucherschützer, der Eltern, der Lehrer oder der Journalisten und überlegen Sie, was sie wohl zur Kampagne sagen würden. Das hilft, Schwachstellen zu identifizieren und gegebenenfalls nachzubessern.
3. Entwickeln Sie eine Argumentationsgrundlage für mögliche Kritik
Es geht natürlich nicht nur darum, alle Anspruchsgruppen zufriedenzustellen. Als Marketingverantwortlicher eines wirtschaftlich denkenden Unternehmens haben Sie auch andere Ziele. Dennoch sollten Sie nicht in die Situation geraten, sich rechtfertigen zu müssen.
Experten-Tipp: Erarbeiten Sie eine Begründungspraxis und Argumente, die möglicher Kritik standhalten. Statt zu reagieren, können Sie so aktiv Ihren Standpunkt kommunizieren.
4. Schaffen Sie einen edukativen Mehrwert
Denn: Schlecht umgesetzte Kommunikationsmaßnahmen verhindern oft nicht nur den gewünschten Effekt, sie können dem Markenimage sogar schaden.
Experten-Tipp: Werden Sie sich Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und stellen Sie sich Fragen wie: Wie kann ich ethisch handeln? Welchen Mehrwert bieten meine Maßnahmen der angesprochenen Familie? In welchen Bereichen besitzen wir besonders viel Wissen, das wir weitergeben können?
5. Legen Sie Qualitätskriterien für die Kommunikation fest
Wie wollen Sie sich und Ihr Unternehmen positionieren? Prüfen Sie, welche Ansprüche Ihre geplante Kampagne erfüllt und wo Sie nachjustieren müssen.
Experten-Tipp: Erstellen Sie schon vorab einen Kriterienkatalog mit den Punkten, die Ihnen wichtig sind und die Teil Ihrer CSR-Strategie werden sollen. Am besten sind klar formulierte Werte oder Fragen, anhand derer Sie die geplanten Kommunikationsmaßnahmen abklopfen können.
Was heißt das nun?
Im Gegensatz zu klassischen Kommunikationsmaßnahmen ist dieser risikoorientierte Stakeholder-Ansatz aufwendig. Sowohl zeitlich als auch finanziell. Der Mehraufwand zahlt sich jedoch aus, weil nicht nur die Aufmerksamkeit der primären Zielgruppe erzielt wird, sondern sich das Engagement auch positiv auf das Image und die Wahrnehmung des eigenen Unternehmens bei den sekundären Zielgruppen auswirkt. Wer mit sinnvollen Strategien und das Schaffen von Werten mögliche Kritiker von Anfang an auf seine Seite bringt, kann sich über nachhaltige Erfolge freuen.
* Christopher Schering beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren mit Kommunikationsstrategien im Kinder- und Jugendmarketing. Mit seiner Agentur Cobra Youth Communications berät er international tätige Konzerne, Markenhersteller, Medienunternehmen und NGOs in Sachen junge Zielgruppen. Am 26. September wird Schering das Thema "Qualitätskriterien für Kinder- und Jugendkommunikation" auf dem Kongress für Kinder- und Jugendkommunikation Kid On vertiefen. Hier tauschen in praxisbezogenen Workshops und Vorträgen Experten und Werbetreibende die neusten Erkenntnisse rund um die junge Zielgruppe aus.