Jochen Rädeker: "Aus der ADC-Revolution wird eine Evolution"
Am Wochenende gerade erst frisch gewählt, will Jochen Rädeker als neuer ADC-Vorstandssprecher keine Revolution, sondern eine Evolution anzetteln - und leisere Töne anschlagen als sein Vorgänger Amir Kassaei. Im Interview mit W&V Online erzählt Rädeker, warum er glaubt, dass sein neues Konzept aufgeht.
W&V Online: Herr Rädeker, was ist eigentlich das Erste, was Sie als neuer Vorstandssprecher beim ADC verändern werden?
Rädeker: Den Kommunikationsstil. Ab sofort wird zuerst wieder mit den Mitgliedern und im Vorstand gesprochen, und dann erst mit der Presse. Die Streitpunkte sind geklärt, jetzt geht es wieder an die inhaltliche Arbeit. Mit Beginn des Wettbewerbs und der Vorbereitung auf das Festival in Frankfurt stehen die nächsten Meilensteine kurzfristig an.
W&V Online: Wie finden Sie es denn selbst, dass Sie als einziger Kandidat 80 Prozent der Stimmen bekommen haben? Dem ADC wurden ja jüngst des Öfteren fast schon sozialistische Verhältnisse nachgesagt.
Rädeker: Ich habe auf der Mitgliederversammlung meine Kandidatur ohne Wenn und Aber mit einem glasklaren Programm verknüpft, für das ich stehe - und die Mitglieder explizit aufgefordert, gegen mich zu stimmen, wenn sie die Punkte für falsch halten. Wenn dann nur zwanzig Prozent mit nein stimmen oder sich enthalten, spricht das für ein hohes Maß an Zustimmung für die inhaltliche Ausrichtung des Clubs und für Vertrauen in den Weg des gesamten Vorstands, aber nicht für sozialistische Verhältnisse. Mit einem so guten Ergebnis hätte ich nicht gerechnet, das motiviert sehr.
W&V Online: Und wie wollen Sie auch die restlichen zwanzig Prozent von sich überzeugen, die nicht für Sie gestimmt haben?
Rädeker: Wenn es für etwas 100 Prozent Zustimmung gibt, hat man was falsch gemacht. Ein konstruktiver Diskurs ist immer hilfreich, weil er uns weiterbringt. Wir werden intensiv im Dialog bleiben, aber nicht jeden überzeugen. Mein Ziel ist es, mit dem Festival im Mai in Frankfurt zu beweisen, dass der jetzt eingeschlagene Weg der richtige ist. Sie werden in Frankfurt einen ADC erleben, der die Themen der Branche setzt, der Antworten auf drängende Fragen in der Krise gibt und der Perspektiven eröffnet – in vielfältige, kreative Richtungen.
W&V Online: Ihr Konzept dafür: Krawall- oder Versöhnungskurs?
Rädeker: Ohne klare Ansagen kommen wir nicht weiter. Die habe ich auf der Jahreshauptversammlung auch gemacht. Trotzdem werde ich in dieser Hinsicht weniger bieten als Amir Kassaei, um genau zu sein, einen Buchstaben: Aus der ADC-Revolution wird eine Evolution. Die wesentlichen Ziele wie Öffnung des Clubs und ganzheitliches Denken in allen Bereichen werde ich weiter treiben, dazu hat mir die Hauptversammlung einen eindeutigen Auftrag gegeben. Meine Meinung werde ich aktiv vertreten. Mit offenen Diskussionen kommen wir aber weiter als mit einem Basta-Kurs.
W&V Online: Im und um den ADC hat es - nicht nur im Zusammenhang mit dem Abgang Amir Kassaeis - viel Aufruhr gegeben. Wie sorgen Sie dafür, dass wieder etwas Ruhe innerhalb der Club-Reihen einkehrt?
Rädeker: Wir werden die Instanz für kreative kommunikative Exzellenz im deutschprachigen Raum sein und bleiben, das ist ein lebendiges Thema. Wenn wir das mit 560 Spitzen-Kreativen diskutieren, wäre Ruhe das allerletzte, was ich mir wünschen würde. Auf der Jahreshauptversammlung, auf der über sieben Stunden intensivst diskutiert wurde, sind die wesentlichen Weichen für unsere inhaltliche Ausrichtung mit überzeugenden Mehrheiten gestellt worden. Die wird jetzt im Vordergrund stehen, dazu menschliche Begegnungen und gemeinsame Arbeit – das, was den ADC ausgemacht hat und ausmachen wird.
W&V Online: Trotzdem treten Sie das nicht ganz leichte Erbe von Amir Kassaei an. Woran knüpfen Sie an und was machen Sie anders?
Rädeker: Amir Kassaei hat dem Club gute und wichtige Impulse gegeben. Aber ich trete nicht sein Erbe an, sondern führe einen neuen ADC mit einer komplett neuen Struktur. Deshalb werde ich nicht zurückschauen und etwa den Agenturindex weiterverfolgen, das ist definitiv kein Thema für den ADC.Wir blicken jetzt gemeinsam nach vorne. Es gibt genug zu tun.
W&V Online: Wie muss sich Ihrer Meinung nach der ADC denn überhaupt ändern, um den momentanen Branchenentwicklungen Rechnung tragen zu können?
Rädeker: Mit der neuen Struktur in sechs Sektionen und sechs Fachbereichen werden wir dem interdisziplinären Bild und ganzheitlichen Anspruch der Kommunikationsbranche gerecht. Neben den klassischen Werbern, die so klassisch ja längst nicht mehr sind, haben jetzt auch die Designer, Editorial-Fachleute, Digitalspezialisten, Event- und Kommunikation-im Raum-Schaffenden und Lehrenden ein eigenes Forum, in denen Benchmarks diskutiert und gesetzt werden können, die dann mit den Kollegen aus anderen Bereichen abgeglichen und geschärft werden. Eine Vereinigung der Besten ihres Fachs gibt es bislang weder im Design- noch im Editorial-, KiR- oder Digitalbereich: Dieser Elite bieten wir ein Forum im ADC und viele der besten sind bereits bei uns Mitglied. Für die restlichen Top-Player werden wir mit der neuen Struktur viel attraktiver. Im Vorstand wie auch im Wettbewerb wird diese neue, ganzheitliche und vielschichtige Struktur zukünftig ebenfalls abgebildet, denn: Ganzheitliche Exzellenz entsteht nicht daraus, von jedem ein bisschen zu bieten, sondern im Dialog der Besten. Das ist das Selbstverständnis des neuen ADC und das ist die Entwicklung der Branche. Wir haben schon immer die Idee in den Mittelpunkt gestellt und dann erst die mediale Form diskutiert, die für die Umsetzung optimal ist .
W&V Online: Sie treten das nicht ganz leichte Erbe von Amir Kassaei an. Woran knüpfen Sie an und was machen Sie anders?
Rädeker: Amir Kassaei hat dem Club gute und wichtige Impulse gegeben. Aber ich trete nicht sein Erbe an, sondern führe einen neuen ADC mit einer komplett neuen Struktur. Deshalb werde ich nicht zurückschauen und etwa den Agenturindex weiter verfolgen, das ist definitiv kein Thema für den ADC.Wir blicken jetzt gemeinsam nach vorne. Es gibt genug zu tun.