
Arbeitsrecht:
Jobwechsel à la Strerath: Was ist erlaubt?
Der Kündigungsstreit zwischen Ogilvy und Thomas Strerath zeigt, wie holprig ein Arbeitgeberwechsel ablaufen kann. Wann darf man eigentlich für seinen neuen Arbeitgeber tätig werden? Was muss man beachten, wenn man freigestellt ist? W&V hat eine Fachanwältin für Arbeitsrecht befragt.
Der Abschied von Ogilvy verläuft für Thomas Strerath unentspannter als wohl geplant. Dem bereits freigestellten CEO flatterte vergangene Woche die fristlose Kündigung ins Haus. Eigentlich läuft sein Vertrag noch bis zum 31. August 2015, danach wechselt Strerath als Partner in den Vorstand von Jung von Matt. Ogilvy wirft dem Manager offenbar vor, er habe sich beruflich bereits für seinen neuen Arbeitgeber engagiert, obgleich er noch unter Vertrag stand. So soll Strerath auf der Cebit unter der Firmenadresse von Jung von Matt Kontakt zu den Ogilvy-Kunden SAP und IBM aufgenommen haben. Strerath weist den Vorwurf im Gespräch mit W&V zurück. Er selber hatte auf Facebook ein Foto mit einem Ausweis von Jung von Matt gepostet. Es habe sich jedoch lediglich um eine allgemeine Informationsveranstaltungen gehandelt.
War das ein Eigentor oder legitim? W&V Online hat dazu Expertin Doris-Maria Schuster, Partnerin bei der international tätigen Kanzlei Gleiss Lutz in Frankfurt, befragt. Die Fachanwältin für Arbeitsrecht erklärt, wann man für seinen neuen Arbeitgeber tätig werden darf, was man beachten muss, wenn man freigestellt ist und was die aktuelle Rechtssprechung erlaubt.
Was müssen Arbeitnehmer beachten, wenn sie den Arbeitgeber wechseln, bereits freigestellt sind, aber noch einen laufenden Vertrag haben? Inwiefern dürfen sie schon für den neuen Arbeitgeber tätig werden?
Arbeitnehmer unterliegen einem Wettbewerbsverbot während des Bestandes eines Arbeitsverhältnisses. Das heißt, während eines noch laufenden Vertrages dürfen Arbeitnehmer nicht schon für den neuen Arbeitgeber tätig werden. Wenn Sie das doch tun, ist das eine schwere Pflichtverletzung, die unter Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigt.
Anders ist es, wenn ein Mitarbeiter bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einseitig vom Arbeitgeber unwiderruflich freigestellt worden ist. Eine solche einseitige Freistellung legt die Rechtsprechung so aus, dass der Mitarbeiter nunmehr in der Verwertung seiner Arbeitskraft frei ist – und damit das gesetzliche Wettbewerbsverbot nicht mehr gilt. Will ein Arbeitgeber das verhindern, muss er ausdrücklich darauf hinweisen, dass das Wettbewerbsverbot trotz der Freistellung weiter gilt.
Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Freistellung bspw. in einem Aufhebungsvertrag vereinbart, kommt es auf den genauen Inhalt der Vereinbarung an. Ist nichts zum Wettbewerbsverbot geregelt, ist wohl im Zweifel vom Fortbestand des Wettbewerbsverbots auszugehen.
Diese Grundsätze zeigen, dass bei einer solchen Freistellung der „Teufel im Detail“ liegt und sich Mitarbeiter genau überlegen sollten, ob sie schon während einer Freistellung für die Konkurrenz ihres jetzigen Arbeitgebers tätig werden oder nicht.
Wie fließend kann der Übergang sein?
Einen fließenden Übergang gibt es arbeitsrechtlich nicht, weil es entweder zulässig ist, noch während der Freistellung für die Konkurrenz zu arbeiten oder aber nicht. Ist es nicht zulässig, dann droht die (fristlose) Kündigung.
Ab wann darf man Kunden des früheren Arbeitgebers kontaktieren?
Wenn kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht, kann man die Kunden des früheren Arbeitgebers problemlos am Tag 1 nach Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses kontaktieren. Im laufenden Arbeitsverhältnis nur, wenn der Arbeitgeber sich entweder damit einverstanden erklärt hat oder wenn das gesetzliche Wettbewerbsverbot nicht mehr besteht wegen einer einseitigen Freistellung, bei der nicht auf die Fortgeltung des Wettbewerbsverbots hingewiesen wurde.
Welche Fallstricke sollte man unbedingt vermeiden?
Bevor nicht klar ist, dass man während einer Freistellung für die Konkurrenz tätig werden darf, sollte man auf keinen Fall nach außen hin sichtbar aktiv werden. Zudem sollte man auf keinen Fall Kundendaten, Geschäftskonzepte und sonstige vertraulichen Unterlagen seines Noch-Arbeitgebers auf Datenträger kopieren und mitnehmen oder per E-Mail an die Privat-E-Mail Adresse schicken. Auch eine solche unzulässige Mitnahme von vertraulichen Daten kann eine fristlose Kündigung zur Folge haben.
Was kann der neue Arbeitgeber schon fordern an Einsatz, vor allem in einer Vorstandsposition?
Hier sollte man eher vorsichtig agieren. Sicherlich kann sich der künftige Vorstand schon Gedanken über die künftige Ausrichtung seiner Arbeit machen und seine neue Tätigkeit vorbereiten. Von einem offiziellen Auftreten für die neue Agentur rate ich jedoch eher ab.
Handelt Ogilvy also korrekt oder unverhältnismäßig?
Eine solche Reaktion ist bei Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot durchaus üblich. Deshalb kann man nicht per se sagen, Ogilvy hätte unverhältnismäßig gehandelt.
(fs/ph)