
Erdogan-Gedicht:
Jan Böhmermann giftet gegen Angela Merkel und droht mit Klage
Die Auseinandersetzung um das satirische Erdogan-Gedicht von Jan Böhmermann geht in die nächste Runde. Nun keilt er gegen die Bundeskanzlerin und wirft ihr rechtswidriges Verhalten vor.

Foto: ZDF neo
TV-Moderator Jan Böhmermann droht einem Bericht des Berliner "Tagesspiegel" zufolge Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einer Klage. Hintergrund ist ihr Verhalten während der sogenannten Böhmermann-Affäre im Frühjahr 2016. Der Anwalt des Satirikers halte ihre Einschätzung, Böhmermanns Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sei "bewusst verletzend" gewesen, für rechtswidrig, berichtet die Zeitung in ihrer Mittwochausgabe. Böhmermann wolle die Bundeskanzlerin verklagen, falls sie ihre öffentliche Bewertung nicht zurücknehme.
Ein Regierungssprecher teilte dazu mit: "Der Eingang eines Schreibens der Rechtsanwälte von Herrn Böhmermann kann bestätigt werden. Zu Eingaben und Anliegen, mit denen sich private Dritte an das Bundeskanzleramt wenden, äußern wir uns grundsätzlich nicht."
Auch der Berliner Rechtsanwalt Christian Schertz, der Böhmermann vertritt, sagte dazu am Dienstag auf Anfrage der dpa lediglich: "Wir möchten uns nicht zu einer laufenden Rechtsangelegenheit äußern."
Böhmermann hatte das Gedicht, das diplomatische Verwicklungen mit der Türkei zur Folge hatte, Ende März 2016 in seiner Satiresendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen. Dem "Tagesspiegel" zufolge, wirft Schertz Merkel in einem Schreiben an das Kanzleramt, das der Zeitung nach deren Angaben vorliegt, vor, sie habe mit ihrer Kritik eine "juristische Bewertung des Werkes seines Mandanten vorgenommen, die einer Vorverurteilung gleichkommt".
Dieses Verhalten sei rechtswidrig gewesen, weil Merkel für eine solche Einordnung nicht zuständig gewesen sei. Nach Einschätzung des Anwalts habe sie den Grundsatz der Gewaltenteilung verletzt. Er fordere binnen einer Woche eine Erklärung, wonach Merkel ihre Einschätzung in der Rückschau als rechtswidrig einstufen solle. Sonst werde er seinem Mandanten zur Klage raten. Merkel habe ihre Bewertung außerdem "ohne Kenntnis des vollständigen Sachverhalts vorgenommen", zitiert die Zeitung das Rechtsanwaltsschreiben.
Eine Auskunftsklage des "Tagesspiegels" gegen das Kanzleramt (OVG Berlin-Brandenburg, Az.: sechs S 9.17) habe ergeben, dass sich die Kanzlerin zunächst nur über einen Online-Artikel über das "Schmähgedicht" informiert habe, der nur einen Ausschnitt des Beitrags gezeigt habe.
Der Zeitpunkt ist übrigens PR-taktisch klug gewählt. In der kommenden Woche, am 14. September, geht es bei ZDF neo nach der Sommerpause mit der Show "Neo Magazin Royale" weiter.
dpa