Jahreszeiten-Verlag entlässt den Großteil seiner Redakteure
Radikal-Sparkurs beim angeschlagenen Hamburger Jahreszeiten-Verlag: Das Zeitschriftenhaus entlässt den Großteil seiner Redakteure und will fortan verstärkt mit freien Mitarbeitern und Pool-Abteilungen arbeiten.
Die Wirtschaftskrise zwingt den Hamburger Jahreszeiten-Verlag zu drastischen Sparmaßnahmen. Der kränkelne Hochglanz-Verlag ("Petra", "Merian", "Der Feinschmecker") entlässt den Großteil seiner Redakteure und will fortan verstärkt mit freien Autoren arbeiten. Geschäftsführer Jan Pierre Klage kündigte am Dienstag vormittag auf einer Mitarbeiterversammlung den Abbau von "vorraussichtlich 70 Vollzeit-Arbeitsplätzen" an. Nach Informationen von W&V sind hiervon zu über 90 Prozent Stellen in den Redaktionen des Zeitschriftenhauses betroffen.
Laut dem von Klage vorgestellten Konzept bleiben lediglich Rumpfteams aus leitenden Redakteuren. Diese so genannten "Blattmacherteams" bestehen aus Chefredaktion, Artdirektion, Textchef sowie Ressortleitern. Die wahrscheinliche Konsequenz: Einfachen Redakteuren ohne Titel droht die Kündigung. Der zweite Pfeiler des Radikal-Umbaus besteht aus neuen Pool-Abteilungen: Der Verlag lagert sämtliche organisatorische und produktionstechnische Dienstleistungen in so genannte Serviceteams aus. Geschäftsführende Redakteure und Chefs von Dienst sind so künftig für mehrere Zeitschriften zuständig. Grafik-, Layout und Schlussredaktion wird an externe Dienstleister vergeben. Bildredaktion und Syndication-Abteilung werden zusammengelegt. Auch die bislang drei Marketing-Abteilungen mutieren zu einer Zentral-Abteilung. Das drastische Sparkonzept, das Klage unter dem Titel "Jahreszeiten-Verlag 2010" vorstellte, wurde zusammen mit der Münchner Unternehmensberatung Schmidt Grund und Partner erarbeitet.
"Wir kommen nicht umhin, die Kostenstruktur den sinkenden Erlösen anzupassen", begründet Geschäftsführer Klage in einer Pressemitteilung den Umbau. Die Einsparungen durch die bis Ende 2009 geltende Kurzarbeit hätten "leider den Rückgang der Umsätze nicht ausgleichen können.“ Deshalb seien nun grundsätzliche Strukturmaßnahmen notwendig. Mit der "neuen modernen Organisation" will Klage "das hohe Niveau unserer Zeitschriften perspektivisch und langfristig garantieren.“ Die Belegschaft reagierte auf die Ankündigungen des Geschäftsführers geschockt. In Gesprächen mit dem Betriebsrat sollen nun Einzelheiten über einen Sozialplan verhandelt werden.
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) reagierte mit scharfer Kritik auf die Umbaupläne. "Die Strukturreform ist der Dolchstoß für die Redakteurinnen und Redakteure", erklärte die stellvertretende DJV-Vorsitzende Ulrike Kaiser, "und zielt auf die Abschaffung des Redakteursberufs." Der DJV appellierte an die Jalag-Geschäftsführung "die Pläne keinesfalls in die Tat umzusetzen".