IVW: Zeitschriften-Auflagen bröckeln weiter
Die Auflagen der deutschen Publikumszeitschriften bröckeln weiter. Zu den größten Verlierern im vierten Quartal 2009 gehören "Focus" und "TV Digital", punkten konnten "OK", "Bravo" und "Landlust".
Die Gesamtauflage der deutschen Publikumszeitschriften sinkt weiter. Die gesamte verkaufte Auflage der Publikumsmagazine im Auflagendienst des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) lag im vierten Quartal 2009 zwar nahezu auf Vorjahresniveau. Lässt man die im Vorjahresquartal nicht gelisteten Titel jedoch außen vor, steht ein Auflagenrückgang von fast zwei Prozent in der Bilanz. Bei den überregionalen Tageszeitungen schrumpfte die verkaufte Auflage sogar um über drei Prozent. Die Zahlen der „Frankfurter Rundschau“ sind zwar in der Erhebung noch nicht gelistet, das Blatt dürfte jedoch wenig am Gesamttrend ändern.
Im Dreikampf der aktuellen Magazine hat sich auch im vierten Quartal 2009 der Trend der letzten Zeit fortgesetzt: Während die „Spiegel“-Auflage zwar bröckelt, aber weitgehend konstant bleibt, verlieren „Stern“ und „Focus“ deutlich. Vor allem Burdas Nachrichtenmagazin büßte im Vorjahresvergleich 21,5 Prozent ein – absolut sank die Auflage dabei um 158.892 Hefte. Grund für den Absturz in der IVW-Statistik ist die Ende 2008 vom Verlag verordnete Abstinenz von Prämienabos, Bordauflage und sonstigem Auflagen-Viagra. Dieser Prozess sei nunmehr abgeschlossen, heißt es bei Burda. Die jetzigen Zahlen mit einer verkauften Auflage von 579.787 Heften stellten „das abschließende Ergebnis der seit Herbst 2008 laufenden Maßnahmen zur Auflagenkonsolidierung“ dar. Hoffnung schöpft der Verlag aus einem leichten Zuwachs im Einzelverkauf von 2,4 Prozent.
Marktführer „Spiegel“ festigt seine Position als letzter Mohikaner im einstigen Dreigestirn der Auflagenmillionäre. Das Hamburger Nachrichtenmagazin verkaufte im vierten Quartal 1,016 Millionen Magazine. Dies sind 29.717 Hefte weniger als im vierten Quartal 2008 oder ein Minus von 2,8 Prozent. Immer mehr entfernt sich Gruner + Jahrs „Stern“ von seiner einstigen Millionenauflage. Das Magazin verlor 6.4872 Exemplare und büßte damit 6,8 Prozent seiner Auflage ein. Ein wenig trösten mag die G+J-Manager der fortgesetzte Aufschwung des kleineren Stern-Bruders „Neon“. Das Monatsheft zählt mit einem Plus von 10,3 Prozent einmal mehr zu den Auflagengewinnern. Verluste muss Springers „Bild am Sonntag“ hinnehmen. Die Wochenzeitung verkaufte gegenüber dem Vorjahresquartal 42.865 Exemplare weniger und verbuchte ein Minus von 2,6 Prozent.
Im bunten Teil des wöchentlichen Segments punkten die Zeitschriften der jüngeren People-Generation: Während die wöchentlichen Klatsch-Klassiker „Bunte“ ( minus 8,7 Prozent) und „Gala“ ( minus 4,3 Prozent) verlieren, legen deren neuere Wettbewerber „In“ (plus 2,2 Prozent), „Intouch“ (plus 6,8 Prozent) und „OK“ (mit stolzen + 25,9 Prozent) zu. Bauers „Life & Style”, dessen Auflage 2008 noch nicht gelistet wurde, verlor gegenüber dem Vorquartal rund 12.000 Exemplare und liegt aktuell bei 132.860 Heften.
Das Magazin „OK“, das Klambt gemeinsam mit dem britischen Verlag Northern & Shell herausgibt, gehört mit mehr als einem Viertel an Zuwachs zu den größten Gewinnern, der Titel konnte seine Auflage auf 207.384 Exemplare steigern. Bauers „Welt der Wunder“ legte gar um 42,6 Prozent auf 323.972 Hefte zu, und auch „Bravo“ verzeichnete mit nun 512.358 Heften ein Plus von 12,8 Prozent. Dauerbrenner „Landlust“ knackte die 600.000-Marke (plus 45,3 Prozent auf 648.866 Exemplare). Der Gong-Programmie „TV Sudoku (plus 52,2 Prozent auf 121.187 Exemplare) konnte die prozentuale Steigerung noch toppen. Auch auf der Gewinnerseite finden sich der „Stern“-Ableger „Gesund leben“ (plus 24,5 Prozent), der Männertitel „FHM“ (plus 18,8 Prozent) sowie die Frauentitel „Joy“ (plus 16,0 Prozent) und „Cosmopolitan“ (plus 15,5 Prozent).
An der Spitze der Auflagenverlierer steht das jüngst von der einstigen Verlagsleiterin Katarzyna Mol übernommene ehemalige G+J-Magazin Emotion. Gegenüber dem Vorjahresquartal stürzte die Auflage um 42,3 Prozent ab. Das satte Minus dürfte jedoch vor allem auf die Bereinigung der Auflage um sonstige und Bordexemplare zurückzuführen sein. Unter den Auflagenschwergewichten verloren Springers Programmzeitschrift „TV Digital“ (minus 12,3 Prozent), die Burda-Kombi „TV Spielfilm Plus“ (minus 7,5 Prozent) deutlich. Stark verloren haben außerdem Ehapas „Top of the Pops“, das 34,6 Prozent einbüßte sowie die Gruner + Jahr-Magazine „National Geographic World“ (minus 31,3 Prozent) und „Dogs“ (minus 21 Prozent). Auch Burdas Fitness-Bibel „Fit for Fun“ steht mit einem Minus von 16,9 Prozent eher kraftlos da.
Besonders hart erwischt hat es die Computerzeitschriften. Das Segment verlor insgesamt 9,9 Prozent seiner Auflage. Die „PC-Welt“ von IDG sackte um 10,9 Prozent auf 359.271 Exemplare ab, Burdas „Chip“ um 10,4 Prozent (364.199 Exemplare). Springers „Computer-Bild“ verlor 5,8 Prozent (686.527 Exemplare).
Zu den wenigen Segmenten, die insgesamt kleine Zuwächse verzeichnen, zählen die monatlichen Frauentitel. Zweistellige prozentuale Zuwächse finden sich bei „Burda Style“ (ehemals „Burda Moden“, plus 13 Prozent auf 144.246), „Cosmopolitan“ (plus 15 Prozent auf fast 358000), „Joy“ (plus 16 Prozent auf 372840) und „Shape“ (plus 13 Prozent auf 210.568). „InStyle“ legte noch um knapp neun Prozent auf 454.773 Exemplare zu.
Noch keinen positiven Effekt in der Auflagenbilanz hat der Radikal-Relaunch des „Handelsblatts“ hinterlassen. Die Wirtschaftszeitung, die seit November im handlichen Tabloid-Format erscheint, büßte gegenüber dem Vorjahresquartal 4,6 Prozent ihrer Auflage ein. In der überregionalen Tagespresse konnte nur die „Tageszeitung“ ein minimales Plus von 0,2 Prozent gegenüber 2008 ausweisen. Die sonstigen Objekte verzeichneten hingegen allesamt Auflagenrückgänge. Axel Springers „Bild“-Zeitung verkaufte im vierten Quartal im Schnitt noch 3,03 Mio. Exemplare pro Ausgabe, gut drei Prozent weniger als 2008. Setzt der Trend sich fort, läuft das Blatt mehr denn je in Gefahr, die Drei-Millionen-Marke zu unterschreiten und den Rang der auflagenstärksten Zeitung in Europa zu verlieren. Auch die „Welt“ musste trotz ihrem Billig-Ableger „Welt kompakt“ Einbußen von 3,7 Prozent auf 260.000 Exemplare hinnehmen. Die weiteren Titel verloren weniger: Die „Financial Times Deutschland“ hielt mit minus 2,2 Prozent gerade noch die Auflage von 100.000 Exemplaren, die „Frankfurter Allgemeine“ kam mit 0,8 Prozent minus noch auf gut 370.000 Exemplare, die „Süddeutsche Zeitung“ mit minus 2,2 Prozent auf rund 435000. (cw/jmk/tn)