ZDF-Moderator vor Anhörung:
Hunderte Anzeigen gegen Jan Böhmermann
Mehrere hundert Anzeigen gegen Jan Böhmermann und sein Erdogan-Schmähgedicht liegen dem Staatsanwalt vor. Die nächsten Schritte werden jetzt eingeleitet.
Bei der Staatsanwaltschaft in Mainz sind nach seinem Erdogan-Schmähgedicht viele hundert Strafanzeigen gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann eingegangen. "Die Strafanzeigen bewegen sich geschätzt im oberen dreistelligen Bereich", sagte die Oberstaatsanwältin der "Rheinischen Post". Der Zeitpunkt für eine Entscheidung in dem Beleidigungsverfahren lasse sich noch nicht prognostizieren. Man wolle zuvor auch den 35-Jährigen selbst hören.
Eine Anhörung Böhmermanns hat die Mainzer Staatsanwaltschaft bereits angeschoben. Der ZDF-Satiriker hat am Mittwoch einen Anwalt für das Ermittlungsverfahren eingesetzt. Laut der Leitenden Oberstaatsanwältin Andrea Keller wird voraussichtlich nach der Anhörung abschließend entschieden, "ob ein hinreichender Tatverdacht besteht" - wenn nicht weitere Ermittlungen erforderlich würden.
Der Moderator hatte mit einem Schmähgedicht in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" Ende März über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan viel Wirbel ausgelöst. Mit den teils heftigen Angriffen gegen Erdogan wollte Böhmermann nach eigenen Angaben den Unterschied zwischen erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik aufzeigen.
Das sah der Betroffene anders: Die Türkei wandte sich an die Bundesregierung mit Bitte um Strafverfolgung gegen den Moderator wegen Beleidigung eines Staatsoberhauptes. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gab dem Wunsch Mitte April statt. Die Ermächtigung der Bundesregierung und das Strafverlangen der Türkei gingen am Dienstag bei der Staatsanwaltschaft ein, teilte die Justizbehörde jetzt mit. Erdogan stellte auch selbst Strafanzeige wegen Beleidigung. Die Stellungnahme dazu ist laut Staatsanwaltschaft noch nicht in Mainz eingetroffen.
Merkel hat inzwischen Fehler im Umgang mit dem Satiriker eingeräumt. Sie sagte am vergangenen Freitag, sie ärgere sich darüber, dass sie am 4. April im Bezug auf das Schmähgedicht von "bewusst verletzend gesprochen" habe und damit der Eindruck entstanden sei, dass hier ihre "persönliche Bewertung zu irgendetwas etwas zählt".
Ins Fernsehen will der 35-Jährige nach einer Pause am 12. Mai mit einer neuen Folge seiner TV-Satire "Neo Magazin Royale" auf ZDF Neo zurückkehren. Für Schlagzeilen sorgt Böhmermann einstweilen auch an anderer Stelle – zumal sein Wechsel mit Kollege Olli Schulz vom UKW-Hörfunk zum Streamingdienst Spotify im Raum steht.
W&V Online/dpa