Kommentar:
Hate-Economy: So funktionieren populistische Medien
In Deutschland verändert sich die Medienlandschaft: Wie in den USA entsteht ein Markt für rechtspopulistische Plattformen - mit ähnlich gestrickten Strategien und Geschäftsmodellen. W&V-Redakteur Frank Zimmer erklärt die Methode anhand eines fiktiven Kompendiums für bedenkenlose Medien-Startups.
Scholz & Friends, Hensel, Broder, Tichy, Xing: Die Politisierung unserer Branche hat gerade erst angefangen, und durch unsere Timelines schwirren Schlagworte wie "Fake News", "Werbeboykott" und "Denunziant". Das US-Portal Breitbart hat gezeigt, wie man mit Stimmungsmache zu Reichweite und ins Weiße Haus kommt. Auch in Deutschland dürfte sich die Medienlandschaft verändern: Es entsteht ein Markt für rechtspopulistische Plattformen - mit ähnlich gestrickten Strategien und Geschäftsmodellen.
Ein Kompendium für populistische Medien-Startups können wir uns etwa so vorstellen:
1.
Nennen Sie sich nicht "populistisch" und schon gar nicht "rechts" oder "neurechts". Nehmen Sie irgendwas mit "liberal-bürgerlich-konservativ-kritisch-unabhängig".
2.
Versprechen Sie besseren Journalismus.
3.
Der Trick mit dem "besseren Journalismus" funktioniert natürlich nur, wenn Sie anderen Journalismus schlecht machen. "Lügenpresse" ist ein hässliches Wort. Besser: "Mainstream-Medien".
4.
Sie haben bei den "Mainstream-Medien" selber mal eine wichtige Rolle gespielt? Nicht schlimm. Verkaufen Sie sich einfach als unbequemer Querdenker.
5.
Pflegen Sie Ihr Außenseiter-Image: Es gibt das Meinungsdiktat des Mainstreams und Sie sind die Alternative für Deutschland.
6.
Seien Sie theatralisch! Jede Kritik an Ihnen und Ihrer Arbeit ist ein Versuch, "noch ein unabhängiges Medium mundtot zu machen".
7.
Seien Sie Opfer! Suchen Sie nach Leuten, die Ihnen auf die Füße treten wollen. Wenn Sie jemanden finden, der Ihrem Feindbild entspricht (idealerweise linksliberaler Moslem mit Sympathien für Angela Merkel): Fühlen Sie sich bedroht und genießen Sie die Solidarität Ihrer Leser. Sie ist bares Geld wert, denn:
8.
Setzen Sie Prioritäten! Was ist Ihnen wichtiger: Werbeerlöse oder Vertriebsumsatz? Je aggressiver Sie gegen Gutmenschen, Genderwahn, Mainstream, den Islam, Klimaforscher usw. anschreiben, um so größer die Gefahr, Werbekunden zu verschrecken. Aber genau das ist Ihre Chance: Je schriller Sie polarisieren, desto stärker die Aufregung, desto effektiver die Mobilisierung, desto höher die Reichweite, desto größer die Bereitschaft Ihrer Leser, Abos abzuschließen und Patenschaftsmodelle zu unterstützen. Ihre Zukunft liegt im Paid Content.
9.
Hate Economy ist ein Geschäftsmodell. Sie müssen es ja nicht so nennen.
10.
Hängen Sie Ihren Badezimmerspiegel ab.
Disclaimer: Der Autor unterstützt das von Christoph Kappes angestoßene Projekt Schmalbart, das sich für faire Debatten- und Medienkultur im Netz einsetzt.
<a href="https://twitter.com/frankzimmer" class="twitter-follow-button" data-show-count="false">Follow @frankzimmer</a><script>!function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0],p=/^http:/.test(d.location)?'http':'https';if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src=p+'://platform.twitter.com/widgets.js';fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document, 'script', 'twitter-wjs');</script>