Medium Magazin:
Hass-Kommentare: "Keine deutsche Redaktion macht einen guten Job"
Viele Redaktionen kämpfen mit Hass-Kommentaren auf ihren Websites. Sie tragen selbst Schuld, findet der Autor und Blogger Sascha Lobo. Ihr Umgang mit den Kommentaren sei von Anfang an völlig falsch gewesen.
Viele Redaktionen kämpfen mit Hass-Kommentaren auf ihren Websites. Sie tragen selbst Schuld, findet der Autor und Blogger Sascha Lobo, wie er jetzt gegenüber dem "Medium Magazin" erklärt (Ausgabe 01/2015). Ihr Umgang mit den Kommentaren sei von Anfang an völlig falsch gewesen. Jahrelang hätten die Redaktionen es versäumt, mit den passenden Dialogformen zu experimentieren. "Stattdessen wurden Kommentare aus Kosten- und Bequemlichkeitsgründen versteckt, weil sie so katastrophal waren", so Lobo weiter.
Der Blogger sieht in der Niedrigschwelligkeit der anonymen, digitalen Konversation den Hauptgrund für die rauen Sitten in den Kommentarspalten. Experten weisen schon lange darauf hin, dass das Internet zur Radikalisierung der Ansichten einlädt. Lobo beschreibt die Situation so: "Schon eine Handvoll negativer Kommentare reicht aus, um das gesamte Soziotop in Mitleidenschaft zu ziehen. Es ist ein bisschen wie in der Natur, wo ein paar Tropfen Öl genügen, um einen See zu vergiften."
Die negativen Folgen für die Medien sind nicht zu unterschätzen. Etwa, wenn von der "Lügenpresse" die Rede ist. Nach der jüngsten YouGov-Umfrage misstraut in Deutschland mittlerweile fast jeder Zweite den Medien. Auch die Gebildeten und Gutverdienenden glauben inzwischen, die Berichterstattung sei einseitig und politisch gelenkt. Dabei steht Deutschland in allen internationalen Ranglisten zum Thema Pressefreiheit nach wie vor hervorragend da (ein Blick auf die Landkarte lohnt sich).
Aus Sicht der Hetzer und Trolle gilt aber stets: Wer meine Ansicht nicht teilt, der lügt. Aber so ist es eben gerade nicht - wie sich in den meisten Fällen auch ganz leicht nachprüfen lässt.
Patentrezepte, wie man mit den Hass-Kommentaren am besten umgeht, gibt es nicht. Lobo schlägt einen echten Dialog vor, anstatt die Beiträge auf "Kommentar-Friedhöfen" vor sich hin modern zu lassen. Eines jedenfalls kann, genauso wie in den Social-Media-Kanälen generell, auch bei den Troll-Kommentaren auf Newsseiten sicher nicht schaden, nämlich: Haltung zu zeigen.