Baby-Zeitschriften:
Gruner + Jahr verordnet "Eltern" radikalen Kurswechsel
Das Segment der Baby-Zeitschriften ist massiv unter Druck. "Eltern" beschreitet deshalb nach 48 Jahren ganz neue Wege. Chefredakteurin Marie-Luise Lewicki hat ein völlig neues Konzept entwickelt, um die Auflage des Gruner + Jahr-Titels zu stabilsiieren.
Revolution bei Eltern: Die zur Gruner + Jahr gehörende Zeitschrift läutet Anfang 2015 einen radikalen Kurswechsel ein, um auf die sich verschärfende Situation in dem hart umkämpften Magazinsegment zu reagieren. Chefredakteurin Marie-Luise Lewicki plant, das Heft mit der Ausgabe am 14. Januar komplett umzubauen. Die bisherige Einteilung in fünf Ressorts entfällt. Künftig setzt die Journalistin auf eine neue Dreiteilung, die aus einer 16-seitigen "Spielwiese", einem unterhaltsamen "Wissensteil" sowie einen Mantelteil besteht, der mehr an die Emotionen der Eltern appellieren soll.
Gleichzeitig will Lewicki Layout und die Bildsprache dichter "an den Alltag der Eltern" rücken. Die Haptik wird stark verbessert, um mehr Lesevergnügen zu schaffen. "Wir schlagen in der 48-jährigen Geschichten einen Paradigmenwechsel an", betont Lewicki. Vorgesehen ist auch eine Copypreis-Erhöhung von 3,20 auf 3,90 Euro. Ziel ist es, mit der Neuausrichtung des Heftes die verkaufte Auflage zu stabilisieren. "Wir wären froh, wenn wir die derzeitigen Auflagenhöhe halten würden", betont Astrid Hamer, Publisher Family bei Gruner + Jahr. Im 3. Quartal 2014 bewegte sich die verkaufte Auflage bei 242.000 Exemplaren. Das ist ein Minus zum vergleichbaren Vorjahresquartal von 7,5 Prozent. Die Abo-Auflage liegt bei rund 64.000 Exemplaren, der Einzel-Verkauf bei mehr als 26.000 Stück. In der hart verkauften Auflage ist "Eltern" mit 66 Prozent Marktanteil immer noch Marktführer.
Dennoch ist die Zeitschrift von ihrer einstigen Glanzzeit weit entfernt. Bei der Gründung 1966 wurden von dem G+J-Titel aus dem Stand heraus rund 1,2 Millionen Exemplare verkauft. Heute steht das Segment radikal unter Druck. Der Grund: Viele Eltern beziehen ihre Informationen zunehmend aus einer Flut von Informationen, die ihnen viele Webseiten kostenlos zur Verfügung stellen. In den USA ist die Erosion des Segments noch drastischer zu spüren. Hier wurde erst von Kurzem der Titel "Parenting" eingestellt.
Eltern ist trotz des hohen Marktdrucks weiterhin profitabel. Der Titel erziele einen positiven Deckungsbeitrag. Von den aktuellen Sparmaßnahmen bei Gruner + Jahr ist das Blatt nicht betroffen. Die Zeitschrift hatte sich bereits vor vielen Jahren von alle schreibenden Redakteuren getrennt und arbeitet heute ausschließlich mit freien Autoren zusammen.
Begleitet wird der Relaunch von einer Werbekampagne, die die Hamburger Agentur Blood Actvertising entwickelt hat. Die Zeitschrift will mit einem Brutto-Mediaetat von 1,5 Millionen Euro für ihren Neuanfang in vielen Publikationen werben. Große Hoffnung setzt der Verlag auf das Anzeigengeschäft, das durch die Neuausrichtung neue Impluse bekommen soll. Geplant ist, den Anteil an Produkttests zu steigern. Auch Sonderhefte sind vorgesehen. Auch bei "Eltern Family" will Lewiki das Konzept von "Eltern" umsetzen, allerdings nicht so radikal. Derzeit beschäftigt die "Eltern"-Redaktion 23 Mitarbeiter, davon arbeiten 19 für den Print-Titel.