Neue Vermarktungsstruktur:
Gruner + Jahr: Frank Stahmer steigt auf, Thomas Lindner geht
Bei Gruner + Jahr scheint eine Machtfrage geklärt zu sein: Frank Stahmer dürfte eine Führungsrolle spielen. Verlags-Urgestein Thomas Lindner hingegen verlässt das Unternehmen - auf eigenen Wunsch.
Paukenschlag beim Hamburger Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr: Thomas Lindner, zuletzt als Leiter der Verlagsgruppe Agenda unter anderem für das Flaggschiff "Stern" verantwortlich, verlässt nach 15 Jahren das traditionsreiche Zeitschriftenhaus auf eigenen Wunsch. Dies teilt der Konzern am Montagmorgen mit. Zu seinem Nachfolger wird Frank Stahmer, bislang Verlagsleiter "Stern" und "Art", bestimmt. Über die Gründe ist nichts bekannt. Doch das Ausscheiden von Lindner dürfte eng mit der geplanten Neuausrichtung der Vermarktungsstrukturen in so genannte Communities of Interest (CoI) zu tun haben, an der G+Jahr-Vorstandschefin Julia Jäkel und Produkt-Vorstand Stephan Schäfer seit Monaten intensiv arbeiten. Der Vorstand plant, die Titel in mehrere – möglicherweise sechs - Segment-Cluster aufzuteilen. Darin sollen auch die beiden Verlagsgruppen Agenda und Life aufgehen, wie ernst jüngst das W&V-Schwesterblatt "Kontakter" berichtet hat.
Unklar war aber bislang noch, wer bei der neuen CoI-Struktur die Führung übernimmt. Mit dem freiwilligen Ausscheiden von Lindner scheint nun die Führungsfrage entscheiden. Denn Lindner macht damit den Weg für Stahmer frei, eine neue führende Rolle bei dem CoI-Gebilde einzunehmen. Stahmer gilt seit Längerem als der neue Hoffnungsträger bei Gruner +Jahr. Der studierte Volkswirt, dem großes kaufmännisches Geschick nachgesagt wird, genießt vor allem beim Produkt-Vorstand Schäfer ein hohes Ansehen. Er gilt deshalb bei Gruner + Jahr als neuer Hoffnungsträger, um das Anzeigengeschäft anzukurbeln. Ob er Stahmer allerdings am Ende die Führung des CoI-Gebildes alleine besitzt oder ihm noch ein weiterer G+J-Manager zu Seite gestellt, ist nicht ganz klar. Offenbar hat der Vorstand hierzu noch keine endgültige Entscheidung gefällt. Dies soll aber in den nächsten Wochen erfolgen, heißt es in G+J-Kreisen.
Für Lindner ist das Ausscheiden eine Zäsur in seinem Berufsleben. Den größten Teil seines bisherigen Berufslebens hat er bei der Hamburger Bertelsmann-Tochter zugebracht. Er kam 1994 zu G+J, wechselte 1996 in die Anzeigenabteilung des Publikumsmagazins "Stern". 2000 wurde er Anzeigenleiter des Frauentitels "Brigitte" und kehrte wieder zum "Stern" zurück. Hier stieg er weiter auf und wurde 2008 zum Verlagsgeschäftsführer G+J Living. Lindner galt vor allem als ein Manager, der durch den ehemaligen G+J-Vorstandschef Bernd Buchholz protegiert wurde. Mit dem kompletten Austauschen der G+J-Vorstandsriege hatte Lindner einen immer schwereren Stand.