Gottschalks Rücktritt aus dem Primetime-ZDF-Format und der Wechsel zum ARD-Vorabendprogramm bezeichnet die Mediaagentur als "Markentotaloperation" und "Extraktion der für ihn wichtigsten Erfolgsmechanismen im Austausch gegen völlig neue Faktoren". Alles, was die Marke zuvor versprochen habe, falle weg. JOM resümiert: "Und da soll der Zuschauer nicht verwirrt sein?" Zumindest das Studiopublikum soll Gottschalk zurückbekommen – munkelt die Fachpresse. Eine "Gottschalk-Live"-Sprecherin betont, dass die Redaktion derzeit an einer Weiterentwicklung und Neujustierung des Konzepts arbeite. "Die Ergebnisse der neuen Ideen können die Zuschauer schon in naher Zukunft sehen", heißt es aus Berlin. Es gibt vielleicht noch Hoffnung für den 61-Jährigen, den die Werbepausen verwirren und dem ein Ziel fehlt, auf das er hinmoderieren kann. Denn wenn nicht nur der Kopf, sondern auch das Konzept zählt, dann können Altgediente in neuen Würden wirken. Beispiel: Kai Pflaume. Er hat bei Sat.1 nie an vorderster Front gekämpft, macht aber im ARD-Vorabend eine ordentliche Figur - und punktet mit seinem Schwiegermutter-Charme mit großen Shows im Ersten.

Die Sender reagieren. Die Augen der TV-Verantwortlichen sind in jüngster Zeit nach vorne gerichtet – auf der Suche nach vielversprechendem und unverbrauchtem Nachwuchs, der noch auf- und ausgebaut werden kann. Selbst für die schwere Erbfolge beim ZDF-Unterhaltungsdampfer "Wetten, dass...?" ist Jungvolk wie Joachim "Joko" Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf in Betracht gezogen worden. Die ARD wertet ihr bewährtes "Sportschau"-Team mit dem Privat-TV-Geschöpf Matthias Opdenhövel auf. Vox besetzt "X Factor" mit dem bis dato eher unbekannten Jochen Schropp. Der RTL-Klassiker "Stern TV" hat sich mit Steffen Hallaschka aus der zweiten TV-Reihe bedient und fährt mit ihm als Nachfolger von Günther Jauch bemerkenswert gut. Da fehlt dann nicht einmal mehr ein Jauch, der jetzt lieber den Sonntagstermin bei der ARD trotz Talk-Schwemme auf gutem Niveau hält.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.