Offene Agentur auf Zeit:
Fünf Thesen: Was Virtuelle Agenturen wirklich können
Sie arbeiten nur auf Zeit für ihre Kunden und lösen sich dann wieder auf. Virtuelle Agenturen sind exakt, schnell und günstig. Aber nicht immer die beste Option für eine langfristige Markenführung. Fünf Thesen zum Thema: Was Virtuelle Agenturen wirklich können.
Offene Agenturen sind ein Trend. Spezialisten, meist Kreative, aber auch Strategen und Berater, manchmal Künstler aus dem Netzwerk des Gründers finden sich darin in einer ganz individuellen Konstellation eine Zeit lang zusammen, um eine bestimmte Aufgabe zu lösen, und gehen dann wieder auseinander. Eine Agentur mit offenen Strukturen; Customized auf Zeit könnte man es nennen.
Es gibt welche, die alles machen – wie Überground in Hamburg oder XXXXX in München. Es gibt Spezialisten wie United Senses (Branding für Bewegtbild), Onnne (Design) und Venture Pursuit (PR). Manche haben ein Büro, andere nicht. Einzelgänger wie We are Open treffen auf Agenturen mit einem Kern an Festangestellten oder festen Freien wie Try No Agency und Hello White Parrot. Und es werden immer mehr. Stefan Zschaler, Mitgründer von Leagas Delaney, startet mit Tank Tank demnächst ein ähnliches Vorhaben. Virtuelle Agenturen sind angesagt, schnell, agil und kostengünstig. Das passt in die Zeit. Aber sie sind eben auch keine echten Agenturen. Projektarbeit können sie, langfristige Markenführung eher nicht.
Was können Virtuelle Agenturen wirklich?
Sie ...
1) ... eignen sich für überschaubare Einzelprojekte. Je nach Auftrag stellt die Agentur freie Spezialistenteams zusammen, die exakt auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind. Sie können so auch mal neben bestehenden Agenturbeziehungen experimentieren. Allerdings stehen die gefragten Freelancer nicht immer ad hoc für ein Projekt zur Verfügung. Das kann zum Problem werden. Und auch in der Umsetzung hakt es bei den Virtuellen manchmal. Werbungtreibende sollten deshalb darauf achten, mit welchen Partnerfirmen ihre Ansprechpartner kooperieren.
2) ... bringen frische, kreative Impulse, auch jenseits von Werbung für jedwedes Thema. Wer eine virtuelle Agentur führt, ist in der Regel gut vernetzt, kennt die Besten der Besten. Und neben klassischen Kreativen kommen oft auch Quereinsteiger zum Zuge, Künstler, Architekten, Blogger. Das kann nützlich sein.
3) ... motivieren sowohl Kreative wie Kunden. Gute Freie steigen nur dann in ein Projekt ein, wenn sie wirklich Spaß daran haben. Und Kunden müssen eng mit den Kreativen zusammenarbeiten, wenn das Know-how für die Marke, auf der alle arbeiten, fehlt.
4) ... sparen Zeit und Geld. Freischaffende Kreative und Strategen sind teuer. So manche Agentur berechnet für ihre Leute einen vierstelligen Tagessatz. Dafür sind alle schneller, agiler. Entscheidungen ersetzen Debatten, alle übernehmen Verantwortung. Der kreative Output solcher Projektteams kann enorm sein. Nervt aber auch, wenn die Abläufe nicht stimmen. Kunden müssen klare Ansagen machen.
5) ... währen manchmal ewig, zumindest ansatzweise. Dafür braucht es allerdings Kernteams, die permanent auf Budgets sitzen, ob mit Angestellten oder festen Freien. Das schafft Kontinuität. Der Kunde trägt dann ein geringeres Risiko. Problem: Etabliert eine virtuelle Agentur Strukturen, stellt sie ihr eigenes Geschäftsmodell infrage. Für die langfristige Markenführung bieten etablierte Agenturen, ob Network oder inhabergeführte, ohnehin das bessere Modell.
Portraits der genannten Agenturen sowie eine ausführliche Analyse zu offenen Agenturmodellen finden Sie in der aktuellen W&V (Nr. 15/2017 vom 10. April) ab S.26.