Freizeitparks: ein Monster, das Familien frisst
Der aktuelle TV-Spot des Heide-Parks hat für kontroverse Reaktionen gesorgt. Die Provokation ist gewollt, denn Freizeitparks müssen hart um Kunden werben.
Der Platzanweiser, die anderen Freizeitparkbesucher, selbst der Sitznachbar in der Achterbahn, sie alle zeigen Zähne – ein gruseliger Anblick. Weit aufgerissene Münder, unzählige kleine, spitze Beißerchen, wohin man schaut, während die rasante Sturzfahrt unerbittlich auf ein riesiges gefletschtes Krakenmaul zusteuert.
In seinem aktuellen TV-Spot (Kreation: DLKW Lowe , London) für die neue Achterbahn-Attraktion Krake gibt sich das Heide-Park-Resort bei Soltau in Niedersachsen als Horrorschocker. Der Aufschrei empörter Eltern ließ nicht lange auf sich warten. In Internet-Foren monieren zahlreiche besorgte Erziehungsberechtigte, Kinder könnten „davon richtige Störungen bekommen“, das sei „einfach unverantwortlich“, der Heide-Park sei „ nicht ganz bei Trost“ und solle „sich schämen“. Anderen gefällt’s; endlich mache Werbunggucken mal Spaß.
Überrascht war das Heide-Park-Management von den kontroversen Reaktionen nicht wirklich. Zwölf Millionen Euro hatte der englische Mutterkonzern Merlin Entertainment Groups in die neue, gigantische Achterbahn investiert, die mit 100 Sachen fast senkrecht auf den Schlund eines Enteroctopus zustürzt. Eine Rekordsumme. „Der Krake war unsere Chance, die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Und die wollten wir mit einer großen Portion Mut nutzen“, sagt die stellvertretende Marketingleiterin Jenny Gäth.
Der Erfolg scheint ihr recht zu geben. Hausinternen Auswertungen zufolge kennen über 70 Prozent der Besucher das Monster aus der Werbung, für die ein Etat von vier Millionen Euro zur Verfügung stand. Ohne Nachjustierungen ging die Kampagne allerdings nicht vonstatten. „Die Resonanz zeigt, dass die von uns in diesem Jahr werblich fokussierte Zielgruppe des Fahrgeschäfts, nämlich Jugendliche und junge Erwachsene, und die Zielgruppe Kinder in der Realität nicht eindeutig trennbar sind“, erläutert Gäth und rückte den TV-Spot in den Abend.
Nervenkitzel, Shows und Attraktionen reichen nicht mehr. Die deutschen Freizeitparks empfehlen sich als Kurzurlaubsziele und werben mit originellen Übernachtungsmöglichkeiten. Auch Sponsoren lieben die aufregenden Spielwiesen. Wie sich die Freizeitparks darauf einstellen, lesen Sie im Schwerpunkt "Kinder und Jugendliche" in der aktuellen Werben & Verkaufen Nr. 32.