Frauenquote in Medien: Das sagen Entscheider zu Pro Quote
In TV und Radio steht es gar nicht so schlecht um Frauen in Führungspositionen - wie von der neuen Initiative Pro Quote gefordert. W&V Online hat sich bei Geschäftsführerinnen und Geschäftsführen umgehört.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Nicht jeder gefällt die gerade geforderte Frauenquote in den Medien gut. So positioniert sich die Berliner Moderatorin und Autorin Sarah Kuttner gegen das Vorhaben Pro Quote. Die 33-Jährige sagt der Nachrichtenagentur "dpa“: "Ich finde es furchtbar, dass immer irgendjemand mit dem Stock danebenstehen muss, um etwas durchzusetzen." Man müsse bestimmten Sachen Zeit lassen. "Eine Quote per se durchzusetzen, finde ich albern“, so Kuttner. In einem Appell haben am Wochenende rund 350 Journalistinnen eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent in deutschen Medien gefordert. Diesen Aufruf würde Kuttner nicht unterschreiben – sagt sie selbst.
Entscheider und Entscheiderinnen in den Medien sind da offener – wie eine exklusive Umfrage von W&V Online zeigt. Nehmen wir nur Bavaria-Geschäftsführer Achim Rohnke. Er hat in seiner Zeit als Geschäftsführer der WDR-Tochter WDR Mediagroup nicht nur viele Frauen befördert, sondern auch einiges dafür getan, dass das weibliche Führungspersonal in Köln Familie und Karriere gut vereinbaren kann. So hat sich damals in der Branche herumgesprochen, als Rohnke ein spezielles Büro für Mütter kranker Kinder eingerichtet hat – Terminkalender und die Pflege der Rotznasen unter einem Hut.
Fest steht, dass der heutige Produktions-Chef Rohnke der Medien-Frauenquote "sehr positiv“ gegenübersteht. Die Forderung der Journalistinnen hat aus seiner Sicht "die Auflösung von zu homogenen Gruppen zum Ziel“. "Vielfalt beziehungsweise Diversity in Teams und im Management führt nachweislich zu besseren Entscheidungen“, sagt Achim Rohnke aus eigener Erfahrung. Eine (befristete) Quotierung würde aus dem Stand Fakten schaffen. Es wirkt fast wehmütig, wenn Achim Rohnke auf alte Zeiten bei der WDR-Tochter zurückblickt: "Während meiner Tätigkeit bei der WDR Mediagroup habe ich beim Ausbau der Firmengruppe konsequent gemischte Führungsteams etablieren können. Die Geschäftsführungen aller Tochtergesellschaften waren Frauen“, so der heutige Bavaria-Geschäftsführer. Beim Münchner Produktionshaus gebe es in dieser Richtung "noch viel zu tun“. Rohnkes Zwischenbilanz: "Immerhin besteht unser Aufsichtsrat bereits zu einem Drittel aus weiblichen Mitgliedern, mit einer Frau als Vorsitzende.“
Auch wenn bei der ARD-Werbung in Frankfurt Frauen schon viel zu sagen haben (auch hier ist Rohnke lange Jahre Chef gewesen) – "Luft nach oben ist immer und überall“, räumt AS&S-Geschäftsführerin Elke Schneiderbanger ein. Sie sagt über die Initiative der Mediendamen: "Ich finde es grundsätzlich gut, dass das Thema aufgegriffen wird. Frauen in Führungsetagen haben zwar keinen Exotenstatus mehr, aber eine Selbstverständlichkeit ist es eben auch noch nicht. Das gilt in Teilen auch für die Medien. Insofern könnte ein solches Quoten-Diktum durchaus dem Ganzen mehr Schubkraft geben.“ Schneiderbanger zählt durchaus einige Kolleginnen zum Führungspersonal; innerhalb der Werbetöchter der ARD-Anstalten sowie der AS&S seien bereits seit Längerem viele Führungspositionen mit Frauen besetzt – im Bereich der leitenden Angestellten wie bei der Gesamtbelegschaft.
Valerie Weber, selbst an der Spitze des bayerischen Privatradios Antenne Bayern, will die Debatte grundsätzlicher führen. Ihres Erachtens müsste das Thema Gleichstellung von Mann und Frau vielmehr in den Familien beginnen - bevor der Arbeitgeber eine Quote "verordne". Die Antenne-Geschäftsführerin fügt hinzu, dass es bei der innerfamiliären Verteilung der Pflichten oftmals keine Gleichstellung gebe – aus ihrer Sicht der wahre Grund für den "Karriereknick“ bei Frauen und das Haupthindernis auf dem Weg hin zu einem Chefposten. Antenne Bayern wirkt hier aktiv auf seine Kollegen ein: „Deshalb ermuntern wir verstärkt unsere männlichen Kollegen zum Erziehungsurlaub – mit Erfolg. Immer öfter nehmen sie mittlerweile ihr Recht auf diese berufliche Auszeit wahr“, betont Valerie Weber.
Die Bilanz beim kommerziellen Radio-Riesen fällt ganz gut aus. Weber: "Ungefähr die Hälfte der Führungspositionen bei Antenne Bayern ist seit Jahren mit Frauen besetzt. Unsere Frauenquote ist also schon längst gesichert. Auch in allen anderen Bereichen herrscht in unserem Unternehmen Gleichstellung zwischen beiden Geschlechtern: Das fängt bei identischer Bezahlung an und hört beim Erziehungsurlaub auf.“ Mit Blick auf die Medienbranche sieht Weber aber durchaus noch Potenzial für mehr Chefinnen: "In vielen Bereichen der Medienlandschaft gibt es tatsächlich einen Mangel an weiblichen Führungskräften. So sind unter den Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Beispiel nur drei Frauen zu finden. Da könnte es in der Tat Zeit sein, etwas zu ändern und vielleicht längst überholte Strukturen neu zu definieren“, sagt die Antenne-Bayern-Managerin mit Blick auf den großen öffentlich-rechtlichen Mitbewerber.
Mehr Frauen in Führungspositionen will die Initiative Pro Quote forcieren. 350 Journalistinnen fordern in einem gemeinsamen Aufruf: In fünf Jahren sollten 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt sein. Dazu gehören prominente Journalistinnen wie ARD-Aushängeschild Anne Will, RTL-Reporterin Antonia Rados, Moderatorin Frauke Ludowig, "Emotion“-Chefredakteurin Dorothee Röhrig oder auch RBB-Intendantin Dagmar Reim. Ihr Argument: Bislang seien nur zwei Prozent der Chefredakteure bei rund 360 deutschen Tages- und Wochenzeitungen weiblich. Nur drei von 13 Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seien Frauen, heißt es in dem Aufruf, der auch auf der Website Pro-quote.de veröffentlicht wird. Dort werden auch Unterschriften für das Vorhaben eingesammelt.
ps/jmk