Videotrends:
Fernsehverhalten 2017: Streaming ist Pflicht, nicht Kür
Die Bewegtbildbranche sieht sich einer rasanten Entwicklung gegenüber. Vor allem lineare Fernsehsender dürfen das nicht igfnorieren, meint Holger Schöpper, Regional Director CEU des Plattformanbieters Ooyala.
Die Bewegtbildbranche sieht sich einer rasanten Entwicklung gegenüber. Vor allem lineare Fernsehsender dürfen das nicht igfnorieren, meint Holger Schöpper, Regional Director CEU des Plattformanbieters Ooyala*. Er hat einige Videotrends für 2017 zusammengestellt und wagt einen Ausblick, wie sich das Sehverhalten in Deutschland entwickeln wird.
Online-Videoinhalte sind Pflicht
Unter Berufung auf E-Marketer (Prognose: Die Zeit, die Erwachsene mit digitalen Medien verbringen, soll 2017 um 5,8 Prozent steigen, die Zeit, die vor dem Fernseher verbracht wird, um 0,3 Prozent zurückgene) rät Schöpper Fernsehsendern dazu, sich mit ihren Inhalten noch weiter Online zu engagieren. Over-The-Top (OTT) sei nicht länger nur ein Zusatzangebot, "sondern Pflichtprogramm für alle Content-Anbieter", schreibt er.
Einen großen Anteil am Abruf der digitalen Angebote haben Mobilgeräte; hier müssen die Inhalteproduzenten entsprechende Formate und Zusatz-Services bieten.
Umsatzmodelle müssen angepasst werden
Und zwar nicht zuletzt, weil die Programmkosten steigen. Nicht nur aufgrund teurer Sportrechte, sondern auch wegen der hohen Qualität der Eigenproduktionen (unter anderem getrieben von Streamingdiensten wie Netflix und Amazon). Zugleich verlagert sich ein großer Teil der Fernsehnutzung vom linearen ins Internet - als Beispiel hierfür nennt Schöpper die Olympischen Spiele 2016. Für die verzeichnete der amerikanischen Kabelnetzbetreiber Comcast ein Minus von 30 Prozent der erwarteten Fernsehzuschauer. Das hätte aber die fast 50 Millionen Nutzer, die 3,4 Milliarden Minuten Olympische Spiele online im Stream verfolgten, fast vollständig ausgeglichen. Ähnlich sei es den öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland ergangen. "In Zukunft wird dieses Phänomen nicht mehr die Ausnahme sein, sondern die neue Realität des Fernsehens", sagt Holger Schöpper. Darauf deuten auch die aktuellen Abrufzahlen der ORF-Mediathek hin: Der österreichische Sender meldete einen VoD-Zuwachs von 29 Prozent 2016 gegenüber 2015.
Das erfordert neue Geschäftsmodelle, um Inhalte gewinnbringend vermarkten zu können. "Während die Umsatzmodelle früher aus Werbebudget, Pay-TV-Gebühren, Rundfunkbeitrag sowie Gebühren für erneutes Übertragen und Einspeisegebühren bestanden", seien heute etwa Lizenzgebühren für verschiedene Inhalte oft ein wichtiger Teil von Geschäftsmodellen. Hinzu kommen hybride Modelle, bestehend aus Abonnement-, Anzeigen- und transaktions-basierten Elementen. Schöpper: "Diese Flexibilität ist ausschlaggebend für wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle und den Erfolg in der Zukunft."
Fernsehen wird individueller
Die veränderten Sehgewohnheiten wirken sich - dank Datenanalysen - auf die Inhalte aus. Das Publikum entscheidet, was es sehen will - und wann. "Das oberste Ziel für die Fernsehbranche ist es daher, zu wissen, wer zuschaut und was sich der Zuschauer als nächstes wünscht", schreibt Schöpper. Nicht ganz uneigennützig, da Plattformen wie Ooyala die Nutzergewohnheiten sammeln, auswerten und analysieren. Ähnlich, wie es beispielsweise Netflix tut.
Allerdings erwähnt Schöpper nicht zu Unrecht, dass Erkenntnisse über die Vorlieben des einzelnen Zuschauers dabei helfen, personalisierte Content-Empfehlungen anzubieten - und damit die Zuschauerbindung. Holge Schöpper: "Nur wenn Anbieter auf ihre Zuschauer hören, können sie langfristig erfolgreich sein."
Marktforscher Nielsen bestätigt das. Die Datenanalyse wurde daher jüngst ausgeweitet: Inhalte- und Werbespot-Kontakte in den USA werden nun nicht mehr nur bis zu einer Woche nach Erstausstrahlung ausgewertet, sondern 35 Tage lang. Denn die zeitversetzte Nutzung spielt auch in der Vermarktung eine immer größere Rolle. So belegen die Nielsen-Daten, dass zwischen Tag 8 und Tag 35 die Zuschauerzahl um mindestens 1,8 und bis zu 8 Prozent angestiegen ist. Das hängt stark vom Programmformat ab: Aktuelles, etwa eine Reality-Show, werde von den Zusehern lieber zeitnah konsumiert, ein fiktionales Format interessiert auch nach zwei bis fünf Wochen noch. Insgesamt sind das aber Nutzergruppen, die zu vernachlässigen eigentlich zu teuer ist.
*) Holge Schöpper ist bei Ooyala verantwortlich für das Geschäft im deutschsprachigen Raum und Osteuropa. Ooyala ist eine Tochtergesellschaft des Unternehmens für Telekommunikations- und IT-Services Telstra und bietet eine Premium-Video-Plattform sowie mit Videoplaza eine Adserver- und Programmatic-Plattform. Ziel ist es, Videopublishern zu maximalen personalisierten Reichweiten, hohem User Engagement und optimaler Monetarisierung auf allen Bildschirmen zu verhelfen. Zum Kundenkreis von Ooyala gehören unter anderem NBC Universal, Star India of 21st Century Fox, Sky Sports (U.K.), die RTL Group (Deutschland) - insgesamt nach Unternehmensangaben "hunderte von Sendern und Medienunternehmen" weltweit.