Fall Heinze kostet NDR bis zu 150.000 Euro
In einer Diskussionsrunde mit Hans Leyendecker zum Thema "ARD - außerhalb des öffentlichen Rechts"? wird NDR-Justiziar Werner Hahn deutlich: "Der Schaden, den Doris Heinze verursacht hat, ist vergleichsweise niedrig. Er beläuft sich auf rund 100.000 bis 150.000 Euro."
Anlässlich des jüngsten Betrugsfalles innerhalb der ARD, der von "SZ"-Investigator Hans Leyendecker aufgedeckt wurde, wurde am Dienstagabend im Stadtforum München über das System ARD diskutiert. Der Justiziar des NDR, Werner Hahn, traute sich dorthin und warnte davor, den Fall zu hoch zu spielen. Doris Heinze habe zwar kriminell gehandelt, aber man spreche hier doch "nur von sechs bis sieben Büchern", die Doris Heinze und ihr Mann unter Pseudonym für den NDR verfasst hätten. Insgesamt sei ein Schaden von rund 100.000 bis 150.000 Euro entstanden und dies sei im Vergleich zur Siemens-Affäre doch wirklich kein hoher Betrag. So billig wollte Leyendecker den Juristen nicht davon kommen lassen und merkte an, dass innerhalb der ARD Allmacht, Omnipotenz und Verhinderungstaktik kein Einzelfall sei und wies auf die beiden Betrugsfälle in Sachen Sportberichterstattung beim MDR hin.
Neben Leyendecker waren der Drehbuchautor Fred Breinersdorfer, Regisseur Dominik Graf und Eberhard Sinner, Vorsitzender des Grundsatzausschusses im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks gekommen - nebst dem Moderator Hans-Jürgen Jakobs, Chefredakteur von Sueddeutsche.de. Es waren harsche Worte, die fielen: Von "Klima der Angst", "System des Schweigens" und sogar "Omerta" war die Rede. Der Drehbuchautor Breinersdorfer sprach von Zeitstrafen, die verhängt wurden, wenn man sich in den Medien nicht konform äußerte. Er selbst habe nach einem Interview eine Zeitstrafe von vier Jahren auferlegt bekommen. Andere hätte es auch härter getroffen, sie seien Jahrzehnte geschnitten worden. Die Frage, wie es zu dem System Heinze überhaupt kommen konnte, war letztlich nicht zu klären. Dass dies so lange unbemerkt blieb, war ein weiteres Rätsel. Dominik Graf berichtete von Freunden, die durch den Fall Heinze direkt betroffen waren und ihm selbst über Jahre hinweg nie ein Wort darüber anvertrauten. Hier fiel deutlich das Wort Omerta, das innerhalb der Mafia "Schweigegebot" heißt.
Breinersdorfer sprach sich dafür aus, man müsse die Macht der Verantwortlichen in der ARD begrenzen. Auch sei es nicht einzusehen, dass Angestellte eines Senders in ihrer Freizeit Drehbücher schreiben. Sie seien als Angestellte des öffentlichen Dienstes dazu angehalten, sich in ihrer Freizeit zu erholen und nicht den freien Drehbuchautoren die Arbeit wegzunehmen. Um strukturelle Verbesserungen zu erreichen, regten die Diskutanten ein Rotationssystem für Menschen in verantwortlichen Positionen an.