#StopHateForProfit:
Facebook enttäuscht Boykott-Initiatoren
Das Facebook-Management hat sich mit den Initiatoren des Werbeboykotts gegen ihr Unternehmen getroffen. Doch wirklich gut lief es offenbar nicht. Vertreter des Boykotts zeigten sich im Anschluss enttäuscht.
Um den Organisatoren des Werbeboykotts "#StopHateForProfit" den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, seine Co-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg und der frisch gebackene Chief Product Officer Chris Cox über Zoom ein Gespräch arrangiert. Doch das etwas über eine Stunde dauernde Gespräch verlief aus Sicht der boykottierenden Unternehmen suboptimal. "Wir haben heute wenig gesehen und hörten absolut nichts", fasste Jonathan Greenblatt, CEO der Anti-Defamation League das Ergebnis zusammen. Er äußerte zudem seine Enttäuschung darüber, dass Facebook Energie und Dringlichkeit im Kampf gegen Hass und Falschinformation vermissen lasse. Das bestätigt auch NAACP Präsident und CEO Derrick Johnson. Er hatte während des Gesprächs das Gefühl, Facebook sei "mehr am Dialog interessiert als an Taten".
Zu allen zehn Forderungen habe das Facebook-Management keinerlei Zusagen gemacht. Die Initiatoren hatten unter anderem eine Position im Vorstand verlangt, die für die Einhaltung von Bürgerrechten verantwortlich zeichnet sowie Richtlinien im Umgang mit Hass und Diskriminierung definiert. Zudem fordert die Bewegung, dass Facebook Werbekunden Ausgaben für Anzeigen zurückerstattet, die neben fragwürdigen Inhalten erschienen sind. Und schlussendlich solle Facebook es auch Opfern von Hass und Belästigung auf seinen Plattformen ermöglichen, mit einem eigenen Mitarbeiter zu sprechen. Facebooks generelle Aussage zu den Forderungen sei aber nur gewesen, das man auf dem Weg sei, sich zu bessern.
Nach dem enttäuschenden Austausch zeigte sich die Gruppe entschlossen, ihre Boykottaktion fortführen. Inzwischen beteiligen sich daran über 1.000 Unternehmen, darunter große Brands wie Coca-Cola, Starbucks, Siemens, SAP oder Adidas. Während Facebook-Co-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg in einem Twitter-Post die wirtschaftliche Rolle des Boykotts herunterspielte, schlägt Facebook-Europachefin Angelika Gifford im Handelsblatt andere Töne an: "Wir sind sehr sehr alarmiert", sagte sie im Interview. Man fühle sich auch persönlich betroffen. Denn 35.000 Menschen würden sich mit nichts anderem als der Sicherheit auf Facebook beschäftigen - auch gestützt durch Künstliche Intelligenz. Allein im ersten Quartal 2020 habe man mehr als zehn Millionen Inhalte aufgrund von Hassrede gelöscht. 90 Prozent sei automatisiert entdeckt worden. "Die Firma von innen und außen sind zwei verschiedene Dinge", so Gifford.
Um das Vertrauen der Kunden wieder herzustellen, führe sie selbst jetzt jeden Tag drei bis vier persönliche Gespräche mit Agenturen und großen Kunden aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Benelux und Osteuropa. "Ich höre zu, wo sie Probleme sehen. Und dann erkläre ich auch, was wir schon tun", zitiert das Handelsblatt die neue Europa-Chefin.