Interview mit Frank Apfel:
Erstes deutsches Flüchtlingsfernsehen geht auf Sendung
Der TV Sender H2D nimmt seinen Sendebetrieb auf. Im Interview mit W&V erklärt Gründer Frank Apfel, was es genau mit dem Programm auf sich hat.
Der erste private TV-Sender für Flüchtlinge geht auf Sendung. Der Kanal mit dem Namen "H2D" startet am 6. September. Das Programm richtet sich vor allem an Flüchtlinge mit Bleibeperspektive. Hinter dem Projekt stehen die beiden TV-Unternehmer Frank Apfel und Alexander Trauttmansdorff.
Bereits im März hatten sie das gleichnamige Online-Angebot und Vorgänger-Projekt ins Leben gerufen. Zum Senderstart haben Apfel und von Trauttmansdorff mehrere Partner gewonnen, die Programm zuliefern. Dazu gehören France 24, Euronews und Spiegel TV. Das Programm wird vor allem in deutscher Sprache produziert. Außerdem gibt es Sendungen in Arabisch und Englisch. Ausgestrahlt wird "H2D" über Astra und im Kabelnetz von Unitymedia.
Apfel und Trauttmansdorff sind erfahrene TV-Unternehmer. Apfel betreibt die Firma Apfel TV Kontor, die Service- und Beratungsangebote für Spartenkanäle und Kabelbetreiber betreibt. Trauttmansdorffs Firma High View ist spezialisiert auf mehrere Spartenkanäle, darunter der Musiksender "Deluxe" und der Dokumentationskanal "Planet".
Der Gründer Frank Apfel hat exklusiv im Interview mit W&V Online über das Projekt gesprochen.
Herr Apfel, was bedeutet der Name H2D eigentlich?
H2D bedeutet "Handshake2Deutschland". Eigentlich sollte es ursprünglich "How to Deutschland" heißen. Aber das klingt zu sehr nach erhobenem Zeigefinger. Handshake bedeutet: Wir begegnen uns offen auf einer Ebene und reichen uns die Hand. Der Handschlag soll Offenheit von beiden Seiten ausdrücken.
Was bewegt ein kommerzielles Unternehmen, ein gemeinnütziges Projekt zu starten?
Wir sind Medienunternehmer und wir möchten etwas zur Integration von Flüchtlingen beitragen. Fernsehen ist ein starkes emotionales Medium, das Wissen sowie Informationen super vermittelt. Wir glauben, dass sich das Fernsehen sehr gut dazu eignet, die Integration von Flüchtlingen zu unterstützen.
Was bedeutet Gemeinnützigkeit denn genau?
Für uns geht es vorrangig um die Sache und nicht um den Kommerz. Deshalb sind wir gerade dabei, eine gemeinnützige GmbH zu gründen. Wir stellen sicher, dass alle Gelder zu 100 Prozent in das Projekt investiert werden.
Sendestart ist der 6. September. Wie wird das Programm genau aussehen?
Es wird eine Kombination aus Fremdcontent und unserer eigenen Studioproduktion "Studio H2D" sein. Für letztere haben wir Moderatorin Emily Whigham gewonnen, die Gäste bei sich im Studio empfängt. Dabei stellen wir verschiedene Apps vor, laden Flüchtlinge ein, die über Alltagssituationen sprechen oder Experten, die über ihre Erwartungshaltung an den Arbeitsplatz zum Beispiel reden. Wir sehen uns als Serviceportal für Flüchtlinge.
Was genau heißt das?
Wir haben es mit einer sehr heterogenen Zielgruppe zu tun. Wir greifen einfache Alltagsthemen auf und versuchen Flüchtlingen das Leben und die Kultur in Deutschland näher zu bringen. Wie funktioniert das mit der Apotheke, Verkehrsregeln oder der Spracherwerb. Es geht hier nicht darum, Politik zu machen. Das müssen andere übernehmen. Wir möchten das ganze Thema komplett versachlichen. Wir verweisen dann auch auf Initiativen in Deutschland und zeigen den Leuten, wo sie mehr Informationen herbekommen können.
Wie finanziert sich das Projekt?
Bisher alleine durch Eigenmittel. Mein Partner Alexander Trauttmansdorff und ich investieren bereits seit einem Jahr Geld und Zeit in das Projekt – neben dem eigentlichen Geschäft. Die Entwicklung eines TV Senders ist leider sehr kostspielig. Glücklicherweise, haben wir viel Unterstützung von Partnern bekommen. Dazu zählt z. B. die Münchener Agentur „Me Happy“, die unser TV Design gemacht hat, unsere Distributionspartner Unitymedia und Astra und Contentlieferanten wie France 24 und Euronews. Wir haben unterschiedliche Leute angesprochen, die uns alle geholfen haben. Wir erfahren in der Medienbranche eine enorme Unterstützung. Alleine wären wir gar nicht in der Lage, so ein Projekt anzuschieben.
Können Sie sich vorstellen, Werbung zu schalten? Wenn ja, wie und wer?
Ja, das würden wir gerne tun. Wir sind in der nächsten Stufe darauf angewiesen, dass wir finanziert werden. Bei uns können Unternehmen Werbung schalten oder Stiftungen und Organisationen ihre Projekte präsentieren. Damit wären wir dann in der Lage, Redaktionscontent einzukaufen und den Sender auszubauen. Neben Stiftungen und Organisationen können wir uns jede Form von Unternehmen vorstellen, ob es jetzt Banken oder Autohersteller sind, die das Projekt gerne unterstützen möchten.
Gibt es bereits ähnliche Formate?
Nein, bisher noch nicht. Es gibt im Internet YouTube Channels, die sich an Flüchtlinge richten. Da gibt es zum Beispiel diesen jungen Syrer in Berlin, Firas Alshter, der auf humorvolle Art die Lebenssituation hier in Deutschland beschreibt. Der Unterschied ist aber, dass wir ein Fernsehsender sind.
Was unterscheidet H2D von dem Flüchtlingsprogramm der Deutschen Welle?
Die Deutsche Welle produziert fantastische Dinge und bekommt auch Produktionen der anderen öffentlich-rechtlichen Sender. Wir haben aber einen ganz anderen Ansatz als die Öffentlich-Rechtlichen. Wir sind Fernsehmacher, die ihren Fokus nicht auf die Produktion journalistischer Inhalte setzen, aber wissen, wie man digitale TV Sender konfektioniert und einer Zielgruppe erfolgreich, Inhalte gerecht präsentiert.
Wie ist die technische Reichweite?
Mit Astra und Unitymedia starten wir nächste Woche. Wir werden über 20 Millionen Privathaushalte erreichen. Unitymedia hat uns ziemlich weit vorne programmiert. Ich glaube, dass nicht nur Flüchtlinge unser Programm schauen werden, sondern auch deutsche Helfer oder Leute, die sich einfach dafür interessieren.
Ist das Projekt auf eine bestimmte Zeit begrenzt?
Wir wollen es einfach mal ausprobieren und sehen wie es ankommt und ob es ankommt. Mir und meinen Partnern von H2D wurde klar, dass sich die Medienwelt dahingehend verändert, dass man Dinge einfach ausprobiert. Früher war es so, dass man ein Rezept hatte und danach gekocht hat. Heute ist es eher so, dass man den Kühlschrank aufmacht und schaut was da so drinnen ist. Genau das machen wir auch. Wir fangen jetzt erst mal an und schauen wie es läuft. Ziel ist es eh, dass unsere Zielgruppe in zwei oder drei Jahren gar kein H2D mehr braucht, sondern herkömmliches Fernsehen nutzt.
Herr Apfel, vielen Dank für das Gespräch.