Schmähkritik-Verfahren:
Erdogan in zweiter Instanz gegen Döpfner unterlegen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat auch in zweiter Instanz keine gerichtlichen Schritte gegen Springer-Chef Mathias Döpfner durchsetzen können. Der hatte sich mit Böhmermanns Satire "Schmähkritik" solidarisiert.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat auch in zweiter Instanz keine gerichtlichen Schritte gegen Springer-Chef Mathias Döpfner durchsetzen können. Der hatte sich mit Jan Böhmermanns Satire "Schmähkritik" solidarisiert. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte am 21. Juni die Entscheidung des Landgerichts Köln, das im Mai den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Döpfner abgelehnt hatte.
In dem Fall geht es um Döpfners öffentliche Unterstützung für den TV-Satiriker Jan Böhmermann, der Ende März in seiner Sendung ein "Schmähkritik" überschriebenes Gedicht über Erdogan vorgetragen hatte. Der türkische Präsident ging daraufhin zunächst rechtlich gegen Böhmermann, dann auch gegen den Springer-Chef vor. Wie schon das Landgericht kam das Oberlandesgericht zu dem Schluss, dass Döpfners Äußerungen durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt seien.
Döpfner hatte in einem offenen Brief geschrieben: "Ich möchte mich, Herr Böhmermann, vorsichtshalber allen Ihren Formulierungen und Schmähungen inhaltlich voll und ganz anschließen und sie mir in jeder juristischen Form zu eigen machen." Dagegen war Erdogan vorgegangen. Sein Medienanwalt Ralf Höcker vertrat die Ansicht, Döpfner habe sich "noch viel offensichtlicher strafbar gemacht als Herr Böhmermann". Es könne nicht sein, dass er sich ausdrücklich das "Z-Wort" von Böhmermann zu eigen mache und damit als Vorbild für andere Pöbler im Internet diene - der Satiriker hatte in dem Gedicht die Formulierung "Ziegenficker" benutzt.
Das Oberlandesgericht sah dies anders. Döpfners offener Brief ist demnach eine Auseinandersetzung mit dem Thema Meinungs- und Kunstfreiheit aus Anlass des Böhmermann-Gedichts. Döpfner komme zu dem Schluss, dass das Gedicht Satire und damit zulässig sei. Im presserechtlichen Sinn habe er sich die Aussagen Böhmermanns dabei nicht zu eigen gemacht. "Eine andere rechtliche Bewertung folgt auch nicht daraus, dass der offene Brief das Wort "Ziegenficker" enthält", teilte das OLG mit.
Das Gericht wies darauf hin, dass es mit seiner Entscheidung (Az.: 15 W 32/16) keine rechtliche Bewertung von Böhmermanns Gedicht vorgenommen habe. Ein Rechtsmittel gegen den Beschluss sei nicht mehr gegeben. Möglich ist aber, Verfassungsbeschwerde einzulegen.
Im Falle Jan Böhmermann hatte dagegen am 17. Mai das Landgericht Hamburg auf Antrag des türkischen Präsidenten eine einstweilige Verfügung gegen den Moderator erlassen. Einige Passagen müsse Erdogan aufgrund ihres schmähenden und ehrverletzenden Inhalts nicht hinnehmen, hieß es. Der ZDF-Moderator und sein Anwalt Christian Schertz wollen diese einstweilige Verfügung aber nicht hinnehmen. Dem Hamburger Landgericht seien bei seiner Entscheidung schwere handwerkliche Fehler unterlaufen, sagte Scherzt am Tag nach dem Urteil; er hatte angekündigt, Erdogan über das Gericht eine Frist von vier Wochen setzen zu lassen, innerhalb der der Präsident eine Hauptsacheklage erheben müsse. Sollte er das nicht tun, verfalle die Verfügung. Die Frist ist mittlerweile abgelaufen, einen neuen Stand der Dinge gibt es bislang nicht. (sh/dpa)