
Weihnachts-Spot 2021:
Entkommt John Lewis damit dem Albtraum?
Der britische Retailer John Lewis steckt mitten in der wirtschaftlichen Krise. Befeuert von der Coronakrise hat das Unternehmen starke Umsatzverluste zu beklagen. Zu Weihnachten soll ein Alien die Einkaufsstimmung heben.

Foto: John Lewis
"John Lewis" blickt auf 157 Jahre Tradition zurück. Großbritanniens Vorzeige-Retailer steckt aber spätestens seit 2020 in der größten Krise seit Bestehen. In Zeiten des Online-Handels wackelt die Tradition: Im vergangenen Jahr wies der Konzern 517 Millionen britische Pfund Verlust (umgerechnet 606 Millionen Euro) aus, das erste Minus in der Firmengeschichte. Viele Entlassungen und Ladenschließungen, keine der üblichen Boni-Zahlungen an die Partner: Ob die Transformation und Restrukturierung nach der Corona-Krise glücken wird, muss sich erst noch zeigen.
Die Financial Times tauchte erst Ende Oktober in den "John Lewis Albtraum" ab und ängstigte sich: "Die Millennials sind nicht begeistert. Mittelengland kauft in den umliegenden Läden. Kann der Einzelhändler sich noch mal durchschütteln?"
Die neue Weihnachts-Werbung ist angesichts der schlechten Lage des Unternehmens wichtiger denn je. Doch trifft sie noch den Zeitgeist? Und kann sie das Weihnachtsgeschäft von John Lewis beflügeln?
Der Konzern drückt die auf die Tränendüse und fragt in dem aktuell veröffentlichten Clip: "Was passiert, wenn ein unerwarteter Gast in deinem Wald landet? Du zeigst ihm natürlich, wie Weihnachten gemacht wird! Dieses Jahr feiern wir den Zauber von Weihnachten mit den Augen unserer unerschrockenen Raumfahrerin Skye. Nachdem sie gesehen hat, dass ihr Schiff gelandet ist, freundet sich Nathan mit ihr an und führt sie in die Freude der festlichen Traditionen ein."
Nach dem Release konnte John Lewis schon 3100 Likes auf YouTube sammeln. Doch auch die ersten kritischen Stimmen tauchen auf. The Guardian ätzt sogar, dass nicht einmal der Markenkern in dem Spot erkennbar sei: "Süße Kinder? Stimmt. Bittersüßes Ende? Richtig. Rührselige Coverversion eines Liedes, das Sie einst mochten? Check, in diesem Fall eine Version von "Together in Electric Dream"“, die sich anhört, als wäre sie von jemandem gesungen worden, der in einen Brunnen gestürzt ist und gerade festgestellt hat, dass niemand kommt, um ihn zu retten. Ein derartiges Fehlen von John-Lewis-Produkten, dass jemand, der nicht weiß, was John Lewis ist, den Werbespot für eine Art Raumschiff-Reparaturfirma halten müsste? Richtig."
"Ziemlich schlecht in diesem Jahr, John Lewis, bleiben Sie bei Animations- und Tierthemen", wünscht sich YouTube-Nutzer Ryan. Nathan Soper assistiert: „0 Prozent Religion, 100 Prozent Fantasy-Unsinn." Und Aaron Brown fügt hinzu: "Abgesehen davon, dass es in der Weihnachtszeit spielt, kommt bei mir keine Weihnachtsstimmung auf wie bei einigen der vorherigen Spots. Leider kein Fan." Aber viele YouTube-Nutzer geben auch an, sie seien "zu Tränen gerührt".
Zu befürchten ist dennoch, dass die Financial Times in großer Analyse Recht hat: "John Lewis konnte die Loyalität der britischen Mittelschicht einst als selbstverständlich betrachten. Jetzt geben viele Kunden, die sich von Natur aus als John-Lewis-Kunden sehen, mehr bei Amazon und sogar mehr bei Lidl aus." Auch die ehemalige John-Lewis-Führungskraft Susanne Given sieht schwarz: "Millennials und Jüngere sind weniger Teil der DNA von John Lewis."
Anschluss verpasst?! Da dürfte auch der neue Weihnachtsspot allein keine Trendwende herbeiführen. Der Albtraum geht wohl weiter. Alles zum Heulen. Der Spot und die wirtschaftliche Schieflage von John Lewis.