Andrus Ansip:
EU-Kommission geht gegen Geoblocking im Online-Handel vor
In den Niederlanden ist der Kühlschrank billiger - aber der Händler sperrt Kunden aus Deutschland. So etwas soll nach Plänen der EU-Kommission nicht mehr vorkommen. Auch bei Streaming-Plattformen will sie etwas ändern.
Verbraucher sollen nach dem Willen der EU-Kommission überall in Europa online einkaufen können. Entsprechende Vorschläge präsentierte die Brüsseler Behörde am Mittwoch. "Verbraucher aus anderen EU-Staaten müssen wie Einheimische behandelt werden", sagte der zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Andrus Ansip.
Auch zum grenzüberschreitenden Paketversand, zur Fernsehwerbung oder zu Streaming-Plattformen für Filme, Serien oder Musik machte die EU-Behörde Vorschläge.
Die neuen Vorgaben zum Geoblocking würden aber nur für Verkäufer gelten, die mit der Versendung ins Ausland selbst nichts zu tun haben. Denn die Kommission will die Händler nicht verpflichten, auch europaweit zu liefern. Wenn Händler heimischen Kunden eine Abholung ermöglichen, müssten sie diese Möglichkeit auch ausländischen Kunden geben.
Auch bei elektronischen Dienstleistungen wie Datenspeicherung im Internet wäre keine Diskriminierung erlaubt, ebenso bei Dienstleistungen, die an einem bestimmten Ort angeboten werden - das können Konzerte oder der Eintritt in einen Freizeitpark sein. Hier dürften Kunden aus verschiedenen EU-Staaten keine unterschiedlichen Preise abverlangt werden.
Zu Beschwerden wie zuletzt über Disneyland Paris sollte es nach den neuen Regeln nicht mehr kommen. Kunden hatten sich darüber beklagt, dass der Vergnügungspark beim Preis nach Nationalität und Wohnort unterscheide. Die EU-Kommission hatte den Fall untersucht, Disneyland Paris änderte daraufhin seine Buchungs- und Zahlungsmodalitäten. "Gleicher Ort, gleiche Dienstleistung, gleicher Deal für jeden europäischen Verbraucher", erklärte EU-Binnenmarktkommissarin Elzbieta Bienkowska.
Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen den neuen Regeln zustimmen. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) wies die Pläne als Einschränkung der Vertragsfreiheit zurück. "Noch immer sind das Vertragsrecht und die Marktbedingungen in den EU-Mitgliedsstaaten so unterschiedlich, dass sich viele Händler bewusst entscheiden, nicht in alle EU-Mitgliedsstaaten zu verkaufen", erklärte der Verband.
Auch beim Paketversand ins europäische Ausland will die EU-Kommission stärker eingreifen. Der Auslandsversand ist nach ihren Angaben um bis zu fünf Mal teurer als der Inlandstarif. Sie will Unternehmen wie die Deutsche Post, die die Grundversorgung sicherstellen, daher zur Offenlegung ihrer Preisstrukturen zwingen. Zudem sollen die Aufsichtsbehörden den Markt besser im Blick behalten.
Bei der Fernsehwerbung will Brüssel mehr Flexibilität. Derzeit ist die stündliche Werbezeit auf zwölf Minuten begrenzt. Diesen 20-Prozent-Anteil sollen die Sender künftig zwischen sieben und 23 Uhr frei verteilen können. EU-Digitalkommissar Günther Oettinger verwies dabei auf die Bedeutung der Fernsehwerbung als Einnahmequelle für die Sender. Die deutschen Verlegerverbände BDZV und VDZ fürchten, dadurch könnten Zeitschriften und Zeitungen Werbeeinnahmen verloren gehen. Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) begrüßte die vorgeschlagenen Lockerungen hingegen: "Die Entscheidung, nicht auf weitere gesetzliche Verbote zu setzen, ist ordnungspolitisch richtig", so der ZAW.
Für Streaming-Plattformen will die EU-Kommission für jedes EU-Land einen Anteil europäischer Produktionen von 20 Prozent festschreiben. Eine Gefahr, dass die Anbieter den Anteil nicht-europäischer Produktionen senken könnten, um die Vorgaben einzuhalten, oder aber verstärkt unattraktive europäische Produktionen anbieten könnten, sah Oettinger nicht. "Wir halten 20 Prozent für sehr maßvoll", sagte er. Große Anbieter wie Netflix hielten die Vorgabe im EU-Schnitt bereits ein.
Netflix betonte in einer Reaktion, der Streaming-Dienst habe bereits Hunderte Millionen Euro in europäische Produktionen investiert. "Wir begrüßen das Ziel der Kommission, die Produktion in Europa aufblühen zu lassen, die vorgeschlagenen Maßnahmen werden das allerdings nicht erreichen."